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Traditionelle chinesische Medizin in aller Munde

By: | Tags: , , , | Comments: 0 | Januar 8th, 2015

Neben der Prophylaxe ist mittlerweile auch die Traditionelle Chinesische Medizin und ihre Methoden zur Heilung und/oder Linderung diverser körperlicher Probleme eines meiner wichtigsten beruflichen Standbeine. Nicht weiter verwunderlich, dass es ein ganz persönliches Anliegen ist, diese beiden „Leidenschaften“ zu verbinden und das Wissen und die Erfahrungen aus der Mundhygiene und der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zu vereinen, um sie für den Prophylaxealltag nutzbar zu machen.

Von der Disharmonie zur Harmonie

Entsprechend der Lehre der TCM entstehen Krankheiten durch Disharmonien und einem Mangel (Leere) oder Überschuss (Fülle) von Yin oder Yang bzw. QI, unserer gesamten Lebensenergie. Zudem gibt es noch klimatisch, pathogene Faktoren wie Hitze, Sommerhitze, Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit und Wind, die sich auch in unserem Organismus widerspiegeln. Und natürlich die emotionalen Faktoren wie Zorn (Wut), Traurigkeit, Sorgen, Nachdenklichkeit, Freude, Angst und Schock, die sicher jeder von uns in der einen oder anderen Form an sich selbst hat beobachten können. Durch ein Zuviel oder Zuwenig von jeweils einem dieser Faktoren entsteht eine Disharmonie. Disharmonien wiederum führen zu körperlichen Störungen. Und an diesem Punkt setzen auch die meisten Methoden der TCM an.

Der Mund öffnet Meridiane

In der Traditionellen Chinesischen Medizin abgekürzt TCM gilt der Mund als „Öffner“ wichtiger Meridiane (Funktionskreise)

– Magen-Milz-Pankreas-Meridian
– Blasen-Nieren-Meridian

Störungen dieser beiden Meridane, zu denen jeweils auch Zahn- und Gingivaprobleme gehören, können unter anderem durch Akupunktur oder Akupressur behandelt werden. Die Energie „Qi“ sollte ausgeglichen und wieder „zum Fließen“ gebracht werden. Neben der Akupunktur/Akupressur spielen auch Maßnahmen wie  Phytotherapie (Kräuterheilkunde nach westlicher oder chinesischer Sicht), Tuina (Massagetechnik), Diätetik und Bewegung eine tragende Rolle, um den Energiefluss in Fluss zu bringen und damit einen Zustand der Harmonie im Körper zu erreichen.
Die TCM sieht den Körper generell als Einheit und versucht stets die Wurzel einer Erkrankung zu erkennen und zu heilen; und nicht das Symptom alleine zu bekämpfen.

Komplexe anamnestische Methoden

Die Anamnese erfolgt dabei mittels komplexer und systematischer Befragung über Schlafqualität und –quantität, Trink- und Essensverhalten und vieles mehr sowie der mehrfachen Pulsertastung und einer ausführlichen Zungenbegutachtung und Zungendiagnostik. Daraus erfolgt in weiterer Folge dann die Bewertung einer Disharmonie des Körpers.

TCM, Gingivitis und Parodontitis

Eine Gingivitis kann, neben eventuell bereits bestehenden und offensichtlichen Beschwerden in der TCM sehr gut mittels Puls- und Zungendiagnose konkretisiert werden. Außerdem findet sich eine Gingivitis relativ häufig bei Frauen und ist oft in Abhängigkeit von ihrem Menstruationszyklus verstärkt oder schwächer ausgeprägt. In der TCM wird bei einer Gingivitis, neben der regelmäßigen Mundhygiene, zusätzlich auch eine tägliche Gingivamassage (Finger oder weiche Bürste) verordnet.

Hinter einer Gingivitis und ihren Symptomen steht fast immer eine Schwäche des Milz-Qi, das unfähig ist, das Blut in den Gefäßen zu halten und eine stressbedingte Magen-Hitze, die durch eine Blockade in den Lebermeridianen (Leber-Qi-Stagnation) entsteht. Auslöser einer Leber-Qi-Stagnation sind meist Stress, übermäßiger Alkoholkonsum, Ernährungsfehler mit stark hitzebildenden Nahrungsmitteln (Chilli, Frühlingszwiebel, Maroni, Lammfleisch, Reis, Rotwein, Schnaps). Sollte die Gingivitis von Schmerzen begleitet werden, liegt definitiv bereits eine Stagnation vor.

TCM-Musterdifferenzierungen der Gingivitis

Magen-Hitze:
– Gingivitis, Foetor ex ore,
– Aphten vor allem am Unterkiefer
– brennende Oberbauchschmerzen oder Reflux

Magen-Yin-Mangel mit Leere Hitze:
– Gingivitis vor allem im Unterkieferbereich
– Aphten mit weißer Umrandung
– trockener Mund und Rachen vor allem am Nachmittag

Eindringende Wind-Hitze
Gingivitis
– Abneigung gegen Kälte,
– Husten
– Fieber

Magen-Feuer
Gingivitis mit Schmerzen, Foetor ex ore, trockener Mund, geistige
– Unruhe, Übelkeit, Erbrechen nach dem Essen

Nieren-Yin-Mangel mit Leere Hitze (meist in den Wechseljahren)
Gingivitis,
– Schwindel, Tinnitus
– Gedächtnisschwäche
– trockener Mund in der Nacht
– Hitzewallungen

TCM-Musterdifferenzierung der Parodontitis (ergänzend zur Musterdifferenzierung der Gingivitis)

loderndes Magen-Feuer
ev. geschwollene Gingiva
– Lust auf Kaltes,
– Zunge: rot
– Zungenbelag: dick, gelb, trocken

Magen-Yin-Leere-Hitze
Gingivitis,
– Blutung gering
– Lockerung der Zähne
– Unruhe
– Zunge rot
– Zungenbelag: wenig

So helfen die Methoden der TCM

Individuelle Stimulation von Akupunktur-, Akupressurpunkten je nach Disharmonie. Gleiches ist auch für die Gabe von Kräutern maßgeblich, deren Zusammensetzung je nach Muster angepasst werden muss.
Generell gilt, dass Feuer- und Hitze-Patienten meist „Yin-Leere“ Patienten sind und Ausdauersport (z. B. Marathon) und Extremsportarten (z. B. CrossFit) reduzieren sollten.  Empfehlenswert wären dagegen: QiGong, Yin-Yoga, Meditation, PMR (Progressive Muskel Relaxation nach Jacobson).
Auch die Ernährung wird in der TCM dem jeweiligen Muster individuell angepasst werden. Wie schon zur Einleitung erwähnt, sollte man „heiß machende“ Nahrungsmittel unbedingt vermeiden.
Optimale Nahrungsmittel für Parodontitis-Patienten
und bei Rezessions-Patienten sind hingegen jene, die die Fähigkeit haben, Hitze zu eliminieren, Qi zu tonisieren und zu bewegen: Gurke, Stangensellerie, Kaki, Zwetschke, Ananas, Kokosmilch, Kürbis, Leinsamen, Melone, Salz, Tomate, Weizen, Sanddorn und Erdnüsse eignen sich hierfür besonders gut.

Nahrungsmittel für Gingivitis-Patienten sind ebenfalls jene, die Hitze (auch toxische) eliminieren sowie das Yin tonisieren: Krautstiel, Brombeere (unreif), Zuckermelone, Olivenöl, Sesamöl, Essig (Reis-, Apfel- und Weinessig), Salz.  Weiters können adstringierende Lebensmittel wie Hagebutte, Heidelbeere, Himbeere und Johannisbeere, Sanddorn und Banane.

Sollten in der Prophylaxesitzung oben genannte Muster auffallen, wäre es gut, solche Patienten neben der „konservativen“ und somit symptomatischen Behandlung auch das Aufsuchen eines TCM-Therapeuten zu empfehlen. Mein persönlicher Tipp in diesem Zusammenhang an alle: Auch alternative Methoden in die Mundhygiene mit einbeziehen, denn eine Parodontitis ist nicht nur das symptomatische Geschehen, mit dem wir in unserem Prophylaxealltag konfrontiert werden, sondern es gilt vor allem an der Wurzel zu arbeiten; und die liegt fast immer an einem anderen Ort des Körpers, an dem die Methoden der TCM viel Heilsames bewirken können. Ihr gebt damit euren Patienten die Möglichkeit, „ganz geheilt“ zu werden.

Autorin:
Barbara Bergmann
Prophylaxe-Assistentin
INNER HEALTH, Energiearbeit und Ernährung nach TCM, Tuina anmo Practitioner i.A.