Zuckeraustauschstoffe: gegen Gingivitis, Biofilm und Karies
Dass der Konsum von Zucker viele negative Effekte mit sich bringen kann, ist schon lange bekannt. Vor allem die indirekt über den Bakterienstoffwechsel entstehenden Säuren welche Karies oder systemische Folgen auslösen und die parodontale Infektabwehr beeinträchtigen, sind von zahnmedizinischer Bedeutung. Der Verzicht oder die Reduktion von Zucker würde sich daher positiv auswirken, (Dr. J. Wölber, Dr. C. Tennert, 2021), trotzdem fallen viele früher oder später wieder in die Zuckerfalle. Deshalb erscheint die Vorstellung, Süßes ohne Reue zu Essen als sehr verlockend und wünschenswert. Und da kommen die Zuckerersatzstoffe ins Spiel. Diese beinhalten wenig Kalorien, und beeinflussen den Blutzucker wenig oder kaum.
Das Versprechen zwei Gruppen: künstliche Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe, auch bekannt als Zuckeralkohole.
Künstliche Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe sind nicht kariogen. Sie alle können von den im Biofilm lebenden Bakterien nicht metabolisiert werden. Sie werden deshalb in der Fachsprache auch als «softchemopräventiv» eingestuft. Hinsichtlich oralprophylaktischer Eigenschaften sind die Zuckeraustauschstoffe von großer Bedeutung. Die drei bekanntesten unter ihnen sind Xylit, Erythrit und Sorbit. Dass ein Zuckeraustauschstoff wie Xylit ein hohes antikariogenes Potenzial ausweist, wurde in zahlreichen Studien belegt.
Zu den bekannten Studien zählen die Turkustudien, welche belegt haben, dass die regelmäßige Verwendung von Xylit die Anzahl karieserzeugender Bakterien im Mund und gleichzeitig das Kariesrisiko zugunsten der Mundgesundheit beeinflussen kann. Sogar eine kariesprophylaktische Wirkung auf Neugeborene wurde in einer Studie nachgewiesen: Schwangere, die während ihrer Schwangerschaft regelmäßig Xylit Kaugummis gekaut haben, hatten deutlich weniger Streptokokken mutans im Speichel. Der Speichel der Mutter war somit «weniger bakterienlastig» hinsichtlich karieserzeugender Bakterien, was sich positiv auf die Mundflora des Neugeborenen und dessen Kariesrisiko auswirkte.
Was manchmal etwas weniger im Fokus steht, sind die Biofilm- und sogar zahnsteinhemmenden Eigenschaften von Zuckeralkoholen. Orale Bakterien können aufgrund von Xylit weniger gut an der Zahnoberfläche anhaften, dadurch wird die Biofilmbildung gestört. Der Biofilm, als sogenannte «Vorstufe von Zahnstein», wird beeinträchtigt, dies bewirkt eine zahnsteinhemmende Wirkung. Alle drei Polyole (Xylit, Sorbit und Erythrit) reduzieren das Biofilmgewicht und die Anzahl Streptokokken mutans im Biofilm und im Speichel. Erythrit, auch bekannt aus dem Airpolishing als gering abrasives Pulver, hat nebst seiner antikariogenen Eigenschaft, auch die Fähigkeit, das an den parodontalen Entzündungsprozessen beteiligte Bakterium Porphyromonas gingivalis im Wachstum zu hemmen und die parodontalen Entzündungsprozesse somit zu beeinflussen.
Zuckeraustauschstoffe
Oftmals werden sie in der Zutatenliste mit E-Nummer aufgeführt und enden auf -it, wie beispielsweise
- Xylit (E 967)
- Erythrit (E 968)
- Sorbit (E 420)
- Mannit (E 421)
- Isomalt (E 953)
- Maltit (E 965)
- Lactit (E 966)
Vorteile:
Sie werden ohne Insulin verstoffwechselt und bewirken deshalb keinen relevanten Blutzuckeranstieg und beinhalten weniger Kalorien als Zucker. Sie dürfen laut Gesetz als „zuckerfrei“ bezeichnet werden. Xylit und Maltit haben sogar die gleiche Süßkraft wie Haushaltszucker, andere Zuckeraustauschstoffe süßen ungefähr halb so stark.
Nachteile:
Der Verzehr von 10-20 Gramm auf einmal kann mögliche Blähungen oder sogar Durchfall verursachen, vor allem bei einem Konsum von mehr als 20 bis 30 Gramm pro Tag. Deshalb steht bei vielen Produkten der Hinweis „kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“. Berichte über Unverträglichkeiten werden immer häufiger.
Vorsicht ist geboten bei: vorhandenem Reizdarm, die Betroffenen können bereits auf kleinste Mengen reagieren und Haustiere, für Hunde können schon wenige Gramm Xylit tödlich sein.
Künstliche Süssstoffe
Folgende künstliche Süßstoffe sind in der EU zugelassen:
Acesulfam K (E 950)
Aspartam (E 951)
Aspartam-Acesulfam-Salz (E 952)
Cyclamat (E 952)
Saccarin (E 954)
Sucralose (E 955)
Thaumatin (E 957)
Neohesperidin DC (E 959)
Stevia (Steviolglykosid) (E 960)
Neotam (E961)
Vorteile:
Sie sind nicht kariogen, enthalten keine relevanten Kalorien, sind niederglykämisch oder führen zu keiner Insulinausschüttung und werden nicht verstoffwechselt, also unverändert ausgeschieden.
Nachteile:
Bei einer seltenen erblichen Stoffwechselkrankheit (Phenylketonurie) ist Aspartam kontraindiziert, deshalb sind aspartamhaltige Produkte mit einem Warnhinweis versehen: „Enthält eine Phenylalaninquelle“.
Einzelne Studien (Tiere/Menschen) geben Hinweise, dass einzelne Süßstoffe das Darmmikrobiom verändern und den Glukose-Insulin-Stoffwechsel doch beeinflussen können. Für konkrete Empfehlungen ist die Datenlage jedoch noch nicht ausreichend.
Allgemein gilt: Beim Konsum von Süßstoffen Vorsicht walten lassen.
Rein aus evolutionärer Sicht ist unser Organismus nicht für Aufnahme dieser Substanzen geschaffen. Auch da gilt, die empfohlenen Höchstmengen nicht zu überschreiten, um gesundheitliche Folgen möglichst auszuschliessen.
Unter Ernährungswissenschaftlern werden Zuckerersatzstoffe allgemein als „Black Box“ bezeichnet. Weil noch wenig bekannt ist, welche Effekte die Stoffe im menschlichen Organismus auslösen können und die Wirkungen von Stoff zu Stoff unterschiedlich sind. Zudem wurden nur wenige Daten untersucht, vorallem Effekte bei regelmässigem und langfristigem Konsum.
Bei allen zugelassenen Ersatzstoffen bestehen keine Belege für Giftigkeit oder Gesundheitsrisiken, wenn diese in üblichen Mengen konsumiert werden. In der EU werden sie vor ihrer Zulassung auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft. Zudem müssen sie dem Verbraucher Vorteile bringen. Trotzdem gilt: besser weniger süß essen.
Der Konsum von Süssem im Allgemeinen zu reduzieren, scheint am bedeutsamsten hinsichtlich der oralprophylaktischen Ernährungslenkung und kann als ein realistisches Therapieziel angeschaut werden. Wenn dann Süsses konsumiert wird, scheint (im Vergleich zu Haushaltszucker) der Konsum von Zuckeraustauschstoffen mit signifikanten Benefits für die Mundgesundheit einherzugehen. Ein Grund mehr, die Zuckeraustauschstoffe hinsichtlich einer oralprophylaktischen Beratung etwas mehr in den Vordergrund zu stellen: Der süsse Kampf gegen Karies, Biofilm und Gingivitis.
Gastautorin
Dipl. DH HF Fabienne Käser, ZH Gründerin/Inhaberin von Prophy Swiss GmbH
zert. Kursleiterin, Berufsschullehrerin/ Dozentin im Nebenamt. Referentin (CH, AUT, DE).
Hauptreferentin PAss Salzburg, PAss Ausbilderin und Berufschullehrerin ZH
Literaturverzeichnis
Dr. J. Wölber, Dr. C. Tennert. (2021). Die Ernährungszahnbürste. (U. i. GmbH, Hrsg.) Unimedica.
Iatroudakis, M. (1. Auflage 2011). Xylit, das süsse Wundermittel. Books on Demand GmbH.
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Zuckerersatz-Wie-gesund-sind-Xylit-Stevia-Erythrit,zucker386.html. (geöffnet am 28.11.2022).
https://www.zm-online.de/artikel/2020/2020-mit-zuckerersatz-gegen-karies-2020-mit-zuckerersatz-gegen-karies/ein-zuckeraustauschstoff-macht-karriere-in-der-zahnmedizin. (geöffnet am 24.02.2023).
Prophy Swiss GmbH – Fabienne Käser
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