KI in der Zahnmedizin: Mitgestaltung ist gefragt
Nach und nach kommt die künstliche Intelligenz (KI) in der zahnmedizinischen Forschung und den Zahnarztpraxen an. Es ist an der Zeit, sich zu informieren und mit KI vertraut zu machen. Um die Chancen, aber auch die Limitierungen neuer KI-Tools zu begreifen, gilt es nicht nur Einblicke in die Einsatzmöglichkeiten zu gewinnen, sondern die Funktionsweise von KI im Grundsatz zu verstehen, erklären Prof. Dr. Falk Schwendicke, seit Jahresbeginn Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel, Institut für Wirtschaftsinformatik, Mitgründerin und Mitglied im Leitungsteam Virtuelles Kompetenzzentrum: Künstliche Intelligenz und Wissenschaftliches Arbeiten (VK:KIWA).
Über zwanzig Vertreter*innen aus den Bereichen Universität, Fachgesellschaft, Bildung, Praxis und öffentlicher Gesundheitsdienst aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kamen vergangenes Jahr auf Einladung von CP GABA in Hamburg zusammen, um sich unter dem Motto „Chancen, Risiken & Nebenwirkungen“ über KI in der Zahnmedizin zu informieren und auszutauschen. Anknüpfend an dieses Netzwerktreffen sprachen die KI-Expert*innen Schwendicke und Weßels in Interviews über Einsatzmöglichkeiten, Aussichten und Herausforderungen.
KI-Assistenzsysteme bringen Erleichterung
Schwendicke, der selbst ein KI-Tool zur Röntgenbildanalytik entwickelt hat, skizziert verschiedene KI-Einsatzgebiete in der Zahnarztpraxis: Schon in naher Zukunft werden ihm zufolge KI-gestützte Auswertungen von bildgebenden Verfahren oder auch virtuelle Assistenzsysteme in der operativen Therapie an Bedeutung gewinnen. In der Kommunikation mit Patient*innen könnten Aufgaben wie das Verfassen von Briefen oder Terminvereinbarungen automatisiert werden und damit für Entlastung sorgen. Verändern werden sich längerfristig in der Zahnarztpraxis laut Schwendicke „alle Prozesse im Rahmen derer Daten bearbeitet und idealerweise dann auch automatisiert zugeordnet und in Praxis-Management-Systeme integriert werden.“ Seiner Erfahrung nach sind die für die Anwendung neuer Assistenzsysteme benötigten Skills keine große Herausforderung, vieles gehe intuitiv, ähnlich der Bedienung eines Smartphones, erklärt er. Datenschutz ist seiner Einschätzung nach dabei kein herausragendes Thema: Die neuen Assistenzsysteme werden die Anwender*innen „rechtlich nicht großartig vor andere Herausforderungen stellen als andere Technologien“.
Sich auf KI einlassen, sich eine eigene Meinung bilden
Sich mit der Technologie praktisch vertraut zu machen, sehen Weßels und Schwendicke als einen wichtigen Schritt – und zwar besser heute als morgen. Dabei gehe es auch darum, Berührungsängste abzubauen und sich aktiv mit den neuen Systemen auseinanderzusetzen. Beide Expert*innen betonen die Notwendigkeit des kritischen Umgangs. „Wir müssen als Menschen nach wie vor unsere eigenen Ideen, unsere eigenen Gedanken einbringen auf hohem Niveau – allein auch, um diese Tools an der richtigen Stelle einzusetzen“, so Weßels. Es sei auch wichtig, eine eigene Position zu beziehen. „Und es ist schwierig, sich eine Meinung zu bilden, wenn man das Thema nur aus der Ferne betrachtet, es nicht selbst ausprobiert hat. Wir alle müssen uns zur KI eine Meinung bilden. Aber dazu müssen wir die Technologie kennenlernen und uns an die Themen heranwagen“, erklärt sie.
Kompetenzen erlangen, Fragen an den Hersteller richten
Der kompetente Umgang mit neuen Tools bedeutet für Schwendicke auch, „zu verstehen, was dahintersteckt, die richtigen Fragen zu stellen, wenn der Hersteller kommt und sein Tool anpreist“. Praxisnah gesprochen: „Wenn der Vertriebsmitarbeitende eines KI-Unternehmens sagt, dass er ein ‚tolles Tool‘ hat, dann sollten die Entscheiderinnen und Entscheider in der Praxis sich alles frühzeitig zeigen lassen, sie sollten explorieren und beispielsweise fragen, an welchen Daten das Tool trainiert und getestet worden ist,“ legt der KI-Experte nahe.
Er rät, Informationsveranstaltungen und Onlineangebote zu nutzen, um zunächst „im Groben“ die Funktionsweise von KI zu begreifen. Mit strukturierten Aus- und Weiterbildungsangeboten rechnet er in etwa ein bis zwei Jahren. Informationen zum Thema KI in der Zahnarztpraxis sowie eine Checkliste, an deren Erarbeitung Schwendicke beteiligt war, stellt die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) seit Ende letzten Jahres online zur Verfügung [1].
„Lebenslanges Lernen, nicht nur auf dem Papier“
Der Umgang mit der rasanten KI-Entwicklung ist Weßels zufolge als gesamtgesellschaftliche Herausforderung und Aufgabe zu begreifen: „Es geht um ein lebenslanges Lernen, nicht nur auf dem Papier oder als Lippenbekenntnis, sondern ganz konkret, kontinuierlich und in engeren Taktzyklen mit viel höherer Relevanz. Das gilt nicht nur für den Bildungsbereich selbst, sondern auch in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, eigentlich überall. Wir müssen flächendeckend qualifizieren und das sehe ich als eine ganz große Herausforderung, weil diese Taktung, dieses Tempo kannten wir früher nicht.“
Im Umgang mit KI sind Eigeninitiative, Austausch und Positionierung gefragt: „Wir müssen proaktiv mitgestalten. Wenn wir nur den Kopf in den Sand stecken und der Meinung sind, dass das alles nichts bringt, wird es an uns vorbei trotzdem passieren – und der gesamte Gestaltungsspielraum wird weg sein“, appelliert Schwendicke.
Quellen
[1] Künstliche Intelligenz in der zahnärztlichen Praxis, Rechtsrahmen, Berufsrecht und Checklisten für die Praxis: https://www.bzaek.de/service/positionen-statements/einzelansicht/kuenstliche-intelligenz-in-der-zahnaerztlichen-praxis.html. Stand: November 2023. Zuletzt abgerufen im Januar 2024.
Über CP GABA GmbH, Zweigniederlassung Österreich
Die CP GABA GmbH, Zweigniederlassung Österreich, mit Sitz in Wien, ist die österreichische Unternehmung des weltweiten Konsumgüterkonzerns Colgate-Palmolive. Das Unternehmen ist ein führender Anbieter von Mundpflegeprodukten mit dem Bestreben, die Mundgesundheit in Österreich zu verbessern. Das Mundpflege-Produktportfolio der CP GABA GmbH, Zweigniederlassung Österreich beinhaltet international angesehene Marken wie Colgate®, elmex®, aronal® und meridol®. Mehr Informationen unter: www.colgate.at
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