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Praxisbeispiel – Erosion durch unbemerkten nächtlichen Reflux

By: | Tags: | Comments: 0 | März 26th, 2021

Ein 40-jähriger Patient suchte die Praxis aufgrund einer zunehmenden Schmerzempfindlichkeit der Zähne auf. Bei der gründlichen Untersuchung war zu erkennen, dass fortgeschrittene Erosionen bestehen, aber asymmetrisch auf nur einer Seite des Gebisses. Bei solch einem Erscheinungsbild liegt der Verdacht eines nächtlichen, unbemerkten Refluxes während des Schlafes nahe. Beim näheren Nachfragen stellte sich die vorwiegend betroffene Seite als seine Schlafseite heraus.

Dass der Patient davon nichts ahnte, ist nicht weiter verwunderlich, da nur 50 % des nächtlichen Refluxes überhaupt bemerkt wird. Ein weiterer Anhaltspunkt war der postprandiale Reflux (nach dem Essen), über den er bei Nachfrage klagte. Ernährungsgewohnheiten, Prüfung der Speichelfließrate und Pufferkapazität sowie die verwendeten Materialien und die Methodik der häuslichen Zahnhygiene ließen keine weiteren eindeutigen Ursachen für die Erosionen erkennen. Der durchgeführte BEWE-Index ergab einen Wert von 11. Das bedeutet einen mittleren Schweregrad der Erosionen.

Um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen, erfolgte eine Überweisung an einen Gastroenterologen als Spezialist für Refluxerkrankungen, der die Diagnose auch bestätigen konnte. Somit wurde auch hier eine entsprechende Therapie mit Protonenpumpenhemmern eingeleitet, die sowohl den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten verbessern konnte, aber auch maßgeblich zur Prävention gegen weitere Erosionsschäden beigetragen hat.

Beim Zahnarzt kann aber auch gegen die Säure vorgegangen werden: Als Wirkstoffe zur Minderung von Hypersensibilität und zur Vorbeugung des weiteren erosiv bedingten Zahnhartsubstanzverlusts haben sich Produkte mit den Inhaltstoffen Zinnfluorid und Zinnchlorid, Arginin (8 %) in Verbindung mit Bikarbonat und Kalziumkarbonat, Chitosan und neueren Studien zu Folge auch Calciumnatriumphosphosilicat (CPS) als wirksam und empfehlenswert herausgestellt.
Diese Wirkstoffe helfen einerseits dabei, die Löslichkeit der Zahnsubstanz herabzusetzen und so der Demineralisation entgegenzuwirken, andererseits werden Dentintubuli verschlossen, um zur Schmerzlinderung beizutragen.

Im Falle unseres Patienten wurden die stark betroffenen Stellen mit einem Dentinadhäsiv versiegelt, Mundhygieneempfehlungen gegeben (siehe unten) und eine individuelle Strategie zur Erhöhung der Säureresistenz der Zahnhartsubstanz entwickelt. Dazu gehörten unter anderem Mundspülungen und Zahnpaste mit den bereits erwähnten Wirkstoffen.

Entsprechend dem BEWE Index sollte man Restaurationsmaßnahmen möglichst vermeiden und den Index zur Vergleichbarkeit der Progression und für eventuelel frühzeitige ergänzende Maßnahmen alle 6 bis 12 Monate wiederholen. Bei Refluxerkrankungen ist eine nachts getragene Schiene kontraindiziert, da die meist nicht überall dichte Schiene die Kontaktzeit mit der Magensäure verlängert.

Durch die Einhaltung der zahnmedizinischen Empfehlungen und die erfolgreiche Behandlung des gastroösophagealen Refluxes konnte beim Patienten ein weiteres Fortschreiten der Erosionen verhindert werden und auch die Dentinhypersensibilität wurde eingedämmt.

Abb. Acid Reflux Diat Grafik
Lizenz erworben von Elisabeth Kalczyk
Ursprung: Stock-Illustration-ID:693734338