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Mehr als Spucke – Speichelfluss und Mundtrockenheit

By: | Tags: | Comments: 0 | März 23rd, 2022

Mundtrockenheit ist ein häufiges Symptom bei Patienten, insbesondere bei Senioren. Es wird unterschieden zwischen objektiv messbarer und subjektiv empfundener Mundtrockenheit. Insbesondere letztere ist ohne großen Aufwand zu erfassen. Mundtrockenheit kann massive Auswirkungen auf die Mundgesundheit haben.
Obwohl sich immer mehr Fachleute mit dem Thema befassen: bei Blut, Tränen oder Schweiß scheint die Aufmerksamkeit weitaus höher zu sein als bei der „Spucke“. PD Dr. Dr. Greta Barbe von der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie aus Köln befasst sich ausgiebig mit dem Thema Mundtrockenheit und den Auswirkungen. Dieser Artikel ist der erste einer dreiteiligen Serie.

In der Mundhöhle befinden sich neben der Zunge, den Zähnen, dem Weichgewebe, Zahnstein, der Plaque und Nahrungsresten auch der Speichel. Er wird über die Speicheldrüsen produziert. Genauer gesagt sind es 2 mal 3 paarig angeordnete große und 200 bis 400 kleine Drüsen, die den Speichel im täglichen Leben produzieren.
Es wird unterschieden zwischen dick- und dünnflüssigen Sekretionstypen. Es gibt die paarige Glandula Parotis – Seröser Speichel und die
Glandula Submandibularis und Sublingualis, dies gemischt muko-serösen Speichel produzieren. Die kleinen solitäre Speicheldrüsen werden als sero-muköser und muköser Sekretionstyp bezeichnet, also die bereits oben genannten 200-400 Drüsen.

Die Speicheldrüsen produzieren nicht im gleichen Maße den gleichen Speichel und auch nicht im gleichen Maße die gleiche Menge. Ob dick- und dünnflüssiger Speichel produziert wird, ist abhängig von der individuellen Situation und den unterschiedlichen Reizen, wie z.B. Geruch, Stress, mechanische Reize und viele mehr.

Die Speichelmenge unstimuliert beträgt in sieben Stunden Schlaf ca. 200 Milliliter. Tagsüber werden rund zwanzig Milliliter pro Stunde produziert, in 15 Sunden also rund 300 Milliliter Speichel. Durch das Essen kommt in etwa ein Milliliter pro Stunde dazu, in zwei Stunden also rund 120 Milliliter, sodass in Summe ca. 700 – 800 Milliliter Grund-Volumen pro Tag zusammenkommen.

 

Funktion von Speichel

Greta Barbe hebt die Komplexität der Speichelfunktionen heraus. „Der Speichel hat viele Funktionen, die vielen nicht bewusst sind. Der Speichel ist in viele Prozesse involviert die mit gesunden Zähnen, der Ernährung sowie stabiler mikrobiologischer Situation im Mund assoziiert sind. Es wird schnell offensichtlich, was alles nicht mehr funktioniert, wenn der Speichel nicht in ausreichender Menge produziert wird.“ Der Speichel hat Auswirkungen nicht nur in der Mundhöhle, sondern auch auf den gesamten Organismus.

Die Zähne zum Beispiel werden ständig angegriffen, durch Nahrung, Zucker, Säuren – und durch den ständigen Speichelfluss erfolgt letztendlich eine Remineralisation der Zähne. Eine intakte Mundhöhle und genug Speichel bringt viele antivirale, antimykotische und antibakterielle Eigenschaften mit sich, die dafür sorgen, dass ein „ausgeglichenes Milieu“ aufrecht bleibt. Bei den Nahrungsmitteln geht es darum, wie der Körper sie aufnehmen und verdauen kann: Im Speichel ist Gustin enthalten, ein Zink-bindendes Protein, das für den Geschmack verantwortlich ist. Zu dieser Funktionen fügt sich das Schlucken (Bolus) und die Verdauung hinzu.

 

Trockener Mund ist nicht gleich trockener Mund

Hyposalivation und Xerostomie sind unterschiedliche Begrifflichkeiten für Mundtrockenheit mit verschiedenen Bedeutungen, die häufig vermischt werden. Während es sich bei der Xerostomie um ein rein subjektiven Empfinden der Patienten handelt, liegt bei der Hyposalivation eine tatsächliche – und messbare – Verminderung der Speichelfließrate vor. Barbe: „Im praktischen Alltag haben wir also Patienten, die mit einem Gefühl der Mundtrockenheit kommen, auf der anderen Seite aber keine messbare Speichelfließratenminderung haben und umgekehrt. Natürlich gibt es aber auch eine Schnittmenge. Das alles muss hinsichtlich einer Therapieempfehlung und eines Gesamtkonzeptes genau analysiert werden.“

Ist Mundtrockenheit im Alter normal?

Betrachtet man die Gesamtbevölkerung, so ist einer von fünf Personen in irgendeiner Form von Xerostomie betroffen. Bei den Senioren, also Menschen über 65 Jahren, ist jeder zweite damit konfrontiert. Die älteren Frauen trinken tendenziell weniger, obwohl immer wieder – nicht zuletzt in Gesundheits- und Lifestylemagazinen – auf die Dringlichkeit genug Flüssigkeit aufzunehmen hingewiesen wird.

Gründe für Mundtrockenheit:
• Medikamenteneinnahme
• Kau- und Schluckvermögen – Dehydration, Ess- und Trinkgewohnheiten
• Systemische Erkrankungen: Sjögren-Syndrom (Erkrankung der Schleimhäute), Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Neurologische Erkrankungen, Speicheldrüsenerkrankungen
• Psychogene Störungen: Depression, Angstzustände
• Strahlentherapie: Tumore im Kopf- und Halsbereich
• Hormonelle Veränderungen: Menopause

Barbe: „Es ist sehr schwierig hier plausible Zahlen zu generieren, weil Mundtrockenheit auf Grund der Erkrankung, aber auch der Behandlung, etwa durch die Einnahme von Medikamenten, entstehen kann. Eine ganz spezifische Differenzierung und Zuordnung ist hier sehr schwierig.“

Die Mundgesundheitsprobleme, für die die Mundtrockenheit einen Risikofaktor darstellt sind vielfältig. Sie reichen von einem verminderten und veränderten Geschmacksempfinden über häufige Infektionen, Erosionen, Problemen beim Tragen von Prothesen, brüchigen Zähnen, trockenen Schleimhäute, einem erhöhten Kariesrisiko, Gingivitis, Mundgeruch bis zu einer verminderten Lebensqualität.
Patienten können vom zahnärztlichen Team hinsichtlich ihrer Einschätzung zur subjektiven Mundtrockenheit mit der einfachen Frage und Skala von 0-10: „Bitte geben Sie an, in welchem Maß Sie unter Mundtrockenheit leiden, indem Sie auf dieser Skala einzeichnen, wo Sie sich sehen – 0 bedeutet keine Mundtrockenheit, 10 ist die am stärksten vorstellbare Mundtrockenheit.“ Aber auch die Frage „Wie häufig fühlt sich ihr Mund trocken an“ lässt sich leicht in den Anamnesebogen ergänzen. Dr. Barbe: „Für betroffene ist es gar nicht so selbstverständlich, ihren Zahnarzt über das Problem Mundtrockenheit zu informieren. Eine aktive Nachfrage macht daher Sinn.“