Heilkräuter für Zahn und Zahnfleisch: Kamille, Salbei, Zitronenmelisse, uvm.
Wegen ihrer schmerzlindernden und wundheilungsfördernden Wirkung werden Kräuter schon seit Urzeiten geschätzt. Auch heute verlassen wir uns bei etwa 75 Prozent unserer Arzneimittel auf die therapeutische Wirksamkeit von Pflanzen. Nicht nur für die Allgemeinmedizin, sondern auch für die Zahnmedizin gibt es einige Heilpflanzen, die eine positive Wirkung auf unsere Zähne und das Zahnfleisch besitzen. (Chevallier, 2017)
Kamille
Matricaria chamomilla L.
Kamille ist eine bekannte Heilpflanze aus der Familie der Korbblütler, die oft als „Star unter den Heilpflanzen“ bezeichnet wird. Ihre multitherapeutischen, kosmetischen und ernährungsphysiologischen Werte wurden durch jahrelange traditionelle Verwendung und wissenschaftlicher Forschung etabliert. (vgl. Singh, Khanam, Misra, & Srivastava, 2011) Die heilenden Eigenschaften der Pflanze stammen von ihren gänseblümchenartigen Blüten, die ätherische Öle sowie Flavonoide und andere therapeutische Substanzen enthalten. (vgl.
Herbwisdom, o.D.)
Mehr als 120 chemische Substanzen sind in den Blüten enthalten, darunter 28 Terpenoide, 36 Flavonoide und 52 weitere Verbindungen. (vgl. Singh, Khanam,
Misra, & Srivastava, 2011)
Die in der Kamille enthaltenen Schleimstoffe wirken entzündungshemmend und reizlindernd. (vgl. Phyto Doc natürlich gesund, o.D.)
Durch ihre entzündungshemmende und auch antimikrobielle Wirkung wird sie als natürliches Heilmittel gegen Zahnabszesse und Mundschleimhautentzündungen verwendet. Durch die beinhaltenden Phenolverbindungen, vor allem des Apigenin, werden die Entzündungsprozesse im Körper gehemmt. In einer klinischen Studie wurde nachgewiesen, dass Kamillenextrakt im Vergleich zum Chlorhexidin (CHX) bei der Behandlung von Gingivitis die gleiche Wirkung zeigt. (vgl. Sener & Kilic, 2019; Herbwisdom, o.D.; Phyto Doc natürlich gesund, o.D.)
In einer weiteren Studie wurde nachgewiesen, dass Kamillenextrakt eine antimikrobielle Wirkung vor allem gegen: Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Salmonella typhi, Candida albicans, Enterococcus faecalis, Prevotella oralis, Veillonella dispar, Streptococcus sanguinis und Neisseria subflava aufweist. (vgl. Braga, et al., 2020)
Die Wirkstoffe der Kamille werden auch gerne beim Zahndurchbruch verwendet, da dieser beruhigend und dadurch schmerzlindernd wirkt. (vgl. Herbwisdom, o.D.)
Salbei
Salvia L.
Salbei ist eine Pflanze, die seit der Römerzeit als Heilpflanze und Küchenkraut bekannt ist. Das scharf schmeckende Kraut gilt seit langem als „Wächter der Kräuter“. Es ist wegen seiner gesundheitsfördernden Eigenschaften in verschiedenen traditionellen europäischen und chinesischen Arzneimitteln zu finden. Die enthaltenen Pflanzenwirkstoffe verbessern die geistige Konzentration, die Aufmerksamkeitsspanne und beleben die Sinne; daher ist der Salbeitee seit langem als „Denkertee“ bekannt. (vgl. Rudrappa, o.D.)
Die primär aktive Komponente von Salbei ist das ätherische Öl, das hauptsächlich Ketone enthält. (vgl. Narayanan & Thangavelu, 2015)
In der Phytotherapie wird Salbei zur Behandlung von Halsschmerzen, Mundschleimhautentzündungen, auf Grund seiner antibakteriellen, antimykotischen und antiviralen Eigenschaften, eingesetzt. (vgl. Salman, Vahabi, & Rad, 2017; Chevallier, 2017)
Die Phenolsäure im Salbei ist besonders wirkungsvoll gegen das Bakterium Staphylococcus aureus. Durch den relativ hohen Tanningehalt hat Salbei zusätzlich eine sehr gute adstringierende Wirkung. (vgl. Narayanan & Thangavelu, 2015; Willig, o.D.)
Das ätherische Öl der Pflanze kann als antimykotischer Zahnprothesenreiniger verwendet werden, um die Adhäsoin der mikroskopischen Pilze aus der Candida Gattung zu verhindern und somit das Risiko einer Candida-assoziierten Prothesenstomatitis zu verringern. (vgl. Narayanan & Thangavelu, 2015)
Zitronenmelisse
Melissa officinalis L.
Zitronenmelisse verfügt als Heilpflanze über eine lange Anwendungstradition. Heute gehören zu den Hauptindikationen vor allem Schlafstörungen, wie nervös bedingte Einschlafstörungen, und Magen-Darmbeschwerden. (vgl. Phyto Doc natürlich gesund, o.D.) Ihren Namen besitzt sie auf Grund ihrer zitronenartig schmeckenden und riechenden Blätter. (vgl. Jurisic, Vasilich, Poulet, & Hata, o.D.) Der Gehalt an ätherischem Öl in der Pflanze liegt zwischen 0,02 bis 0,8%, was im Vergleich zu anderen Mitgliedern in der Familie der Lippenblütler sehr gering ist. Deshalb sind die Herstellungskosten und der Preis für das ätherische Öl der Zitronenmelisse sehr hoch. (vgl. Moradkhani, et al., 2010; Kraus und Pachernegg GmbH, o.D.)
Das ätherische Öl der Zitronenmelisse ist für den typischen zitronenartigen Duft der Pflanze verantwortlich. Hier spielen insbesondere Citral und Citronellal die größte Rolle. Außer dem ätherischen Öl enthalten frische Melissenpflanzen mit 45 mg (pro 100 g) relativ viel Vitamin C. (Buch & Jagel, 2011)
Wegen ihrer virushemmenden Eigenschaft hat sich der Einsatz bei Herpes-simplex- Infektionen als sehr effektiv herausgestellt. (vgl. Moradkhani, et al., 2010; Salman, Vahabi, & Rad, 2017; Buch & Jagel, 2011)
Die Zitronenmelisse hemmt außerdem Bakterien, vor allem gegen das Bakterium Eikenella corrodens hat es eine stark hemmende Wirkung. (vgl. Lauk, Lo Bue, Milazzo, Rapisarda, & Blandino, 2003)
Ringelblume
Calendula officinalis L.
Die Ringelblume steht im Volksglauben für Liebe, Treue und Anmut. (Phyto Doc natürlich gesund, o.D.) Die Ringelblume wird in der traditionellen Medizin insbesondere zur Wundheilung, bei Gelbsucht, und als krampflösendes Mittel eingesetzt. (vgl. Muley, Khadabadi, & Banarase, 2009)
Neben ihrem Nutzen als Heilpflanze findet die Ringelblume auch Verwendung in der Küche: die Zungenblüten dienen als Ersatz von Safran zum Färben von Speisen. (vgl. Kasielke, 2010) Die in der Pflanze enthaltenen ätherischen Öle bestehen vor allem aus Sesquiterpenen, wie Cadinol und Jonon. Die Früchte der Ringelblume enthalten bis zu 25 % Fett. Davon ist reichlich Calendulasäure enthalten, die sonst sehr selten vorkommt. Die in den Blüten der Ringelblume enthaltenen Flavonoide sind für die Pflanzenheilkunde sehr wichtig. (vgl. Luitpold Apotheke, 2021)
Die jeweilige Wirkung der einzelnen Inhaltsstoffe hängt von der Auszugsform ab. Im Gegensatz zu den öligen Bestandteilen und den isolierten Flavonoiden weisen Alkohol- und Wasserextrakte keine antibakterielle Wirkung auf. Gegen Viren wirkt die Tinktur oder ein Chloroformauszug, gegen Mykose – ein Aceton- oder Wasser-Extrakt sowie das ätherische Öl. (vgl. Phyto Doc natürlich gesund, o.D.)
Wissenschaftlich anerkannt ist außerdem ihre positive Wirkung bei entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut. (vgl. Kasielke, 2010)
Chinesischer Sumach
Rhus chinensis Mühle.
Die Pflanze wird allgemein als Sumach oder chinesische Galle bezeichnet und stammt aus gemäßigten und subtropischen Regionen Asiens und Afrikas. (vgl. Lourdes, o.D.)
Der chinesische Sumach wird in der Phytotherapie wegen seines hohen Tanningehalts sehr geschätzt. Wegen seiner zahlreichen Einsatzgebiete in der Medizin ist er eine beliebte Heilpflanze in den Herkunftsländern. Die Gallen werden vom Insekt Melaphis chinensis oder M. Paitan verursacht. (vgl. Plants For A Future, o.D.; Lourdes, o.D.)
Auf Grund des hohen Gehaltes an Gallotanninen und phenolischen Verbindungen – Gallussäure und Methylgallat – weist der chinesische Sumach eine antimikrobielle Wirkung auf. Extrakte aus dem chinesischen Sumach hemmen Bakterien wie z.B. Staphylococcus aureus und Streptococcus mutans.
Das Extrakt aus dem chinesischen Sumach zeigt in vivo und in vitro eine prophylaktische und therapeutische Wirkung gegen das Herpes-simplex-Virus (HSV) auf. Diese Wirkung wurde bei einer Studie mit infizierten Mäusen und Meerschweinchen nachgewiesen. (vgl. Djakpo &
Yao, 2010)
Das wässrige Pflanzenextrakt des chinesischen Sumachs besitzt die Fähigkeit, die Demineralisierung anfänglicher Schmelzläsionen in vitro zu hemmen. Die für die Hemmung verantwortlichen Inhaltsstoffe des chinesischen Sumachs sind leider noch unbekannt. (vgl. Chu, Li, Hao, & Zhou, 2007; Cheng, Li, Hao, & Zhou, 2008)
Myrrhe
Commiphora myrrha (Nees) Engl.
Myrrhe ist das aus der Rinde gewonnene Harz des strauchartigen Myrrhenbaumes (Commiphora myrrha), der in Afrika (Somalia) und der arabischen Halbinsel beheimatet ist. (vgl. Moser & Thoma, 2019; Phyto Doc natürlich gesund, o.D.)
Der strauchartige Baum sondert eine gelbliche Milch ab, die in getrocknetem Zustand ein rötlichbraunes Harz bildet, in dem die wertvollen ätherischen Öle konserviert sind. (vgl. Moser & Thoma, 2019)
Myrrhe besitzt ein breites Wirkspektrum, auf Grund dessen ist es ein sehr wichtiges Pflanzenheilmittel mit dem Ruf, das Leben zu schützen. Das gewonnene Harz findet als Parfum, Kosmetikum, Arzneimittel, Räucherwerk und als konservierendes Mittel Anwendung. (vgl. Phyto Doc natürlich gesund, o.D.) In Europa ist die holzig scharf schmeckende Myrrhentinktur bekannt. (vgl. Moser & Thoma, 2019)
Auch Mundspülungen und Zahnpasta mit Myrrhenzusatz sind erhältlich. (Phyto Doc natürlich gesund, o.D.) Die Myrrhe enthält etwa 3-6 % ätherisches Öl, 25-40% Harz und 30-60% Rohgummi. (vgl.
Chevallier, 2017)
Eine Myrrhentinktur wirkt im Mundraum desinfizierend, adstringierend und blutstillend. Das gewonnene ätherische Öl aus dem Harz wird als natürliches Antiseptikum zur Behandlung von Entzündungen im Mundraum eingesetzt. (vgl. Plants For A Future, o.D.; Willig, o.D.)
Fazit
Chinesischer Sumach, Kamille, Salbei und Myrrhe haben alle eine antibakterielle Wirkung speziell gegen Staphylococcus-aureus. Dieses Bakterium entwickelt sehr häufig eine Antibiotikaresistenz, somit ist die Behandlung einer Staphylococcus-aureus Infektion mit Kräuterarzneien zu empfehlen.
Der chinesische Sumach hätte Potenzial der Game-Changer in der Kariestherapie zu werden. Leider ist die Toxizität dieser Pflanze noch nicht zu 100% geklärt und auch die Inhaltsstoffe müssen noch genauer untersucht werden.
Die Myrrhentinktur ist ein uraltes schon fast in Vergessenheit geratenes Arzneimittel gegen Zahnfleischprobleme. Diese leicht ätzende Flüssigkeit ist eines der wirksamsten pflanzlichen Arzneimittel zur Behandlung von Entzündungen im Mundraum.
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