Themen

Wissenswertes für Prophylaxe-AssistentInnen erwartet Sie im Bereich Prophy-Themen.
Filtern Sie nach der gewünschten Kategorie, geben Sie Ihren individuellen Suchbegriff
ein und finden Sie so alle Artikel zum gewünschten Thema.

Pubertät – eine Gefahr für die Mundgesundheit

By: | Tags: | Comments: 0 | Februar 21st, 2023

Jugendliche sind eine wichtige Zielgruppe für die Prophylaxe. Es gibt eine endlos lange Liste warum gerade in dieser Zeit die Mundgesundheit gefährdet ist. Zusätzlich machen uns Pubertierende das Leben nicht gerade einfacher. Vor allem in der Prophylaxe kämpfen wir mit ihren derzeitigen Lebenseinstellungen. Der Körper läuft auf Hochtouren und alles andere ist doch jetzt wichtiger, als sich um seine Mundgesundheit zu sorgen?!?! Jugendliche sind eine ideale, aber mitunter nur schwer anzusprechende Zielgruppe für Zahnvorsorge.

 

Risiken für die Mundgesundheit Jugendlicher

Die Morphologie (Zahnoberfläche) der bleibenden Zähne (dentes permanentes) unterscheidet sich in einigen Dingen von den Milchzähnen (dentes decidui). Die bleibenden Zähne besitzen flächigere Approximalkontakte, vermehrt tiefere Fissuren und sie stehen viel enger aneinandergereiht. Nicht zu vergessen ist, dass in der Jugend die Anzahl an Zahnspangenträger steigt und dadurch das Zähneputzen erschwert wird. Auch die Weisheitszähne bilden weitere „Schmutznischen“.

Diese Faktoren erhöhen das Risiko für Gingivitis und Karies. Zusätzlich mangelt es in der Pubertät auch oft an der notwendigen Motivation für die tägliche Zahnpflegeroutine.

Gerader bei der Gingivitis stehen Hormone in der Pubertät an erster Stelle. Die hormonelle Gingivitis auch oft Pubertätsgingivitis genannt, ist ein sehr umstrittenes Thema. Ich bin der Meinung, dass die Kombination aus den bestehenden Risikofaktoren und den Hormonen eine Belastung für das orale Mikrobiom ist. Somit würde ich wie allgemein bekannt, Gingivitis als multifaktorielle Erkrankung darstellen.

Es gibt Studien, die zeigen, dass es keine Korrelation zwischen Sexualhormonen und Gingivitis gibt. Wie überall kommt es immer auf die zusätzlichen äußeren Risikofaktoren an. Hormonschübe können Gingivitiden verstärken und dadurch Schmutznischen am Zahnfleischsaum darstellen. Zusätzlich können die Hormone vorübergehend die Mundflora außer Balance bringen und eine Dysbalance verursachen. Diese fördert Entzündungen im Mundraum und stellt daher eine Gefahr für die Mundgesundheit dar. Die Hormone alleine werden wohl keine Gingivitis hervorrufen, es ist immer die Kombination aus schlechter MH und andereren Risikofaktoren. Eine gesunde Mundflora kann somit Hormonschwankungen gut abpuffern. Vor allem Karies, Gingivitis und Erosionen sind multifaktorielle Erkrankungen.

 

Erosionen bei Jugendlichen:

Erosionen sind eine multifaktoriell bedingte Erkrankung, die als solche betrachtet werden soll. Bei Jugendlichen sind sie heutzutage keine Seltenheit und in Zeiten der Smoothies und Sportgetränke ein wichtiger Bestandteil bei der Erfassung von Risikofaktoren.

Tipps für Pubertierende:

  • Lebensmittel mit Kalzium und Phosphat anreichern
  • Säurehaltige Lebensmittel reduzieren bzw. die Häufigkeit und Dauer der Säureeinwirkung
  • Rasches trinken von säurehaltigen Getränken, ggf. mit Strohhalm
  • Nachspülen mit Wasser, Mundspülungen, Zahnpflegekaugummis oder -bonbons
  • Schonende Putztechnik und nicht unmittelbar nach der Säureeinwirkung Zähneputzen

 

Wie wirken sich die Hormone auf die Mundgesundheit aus?

Östrogen – fördert Proliferation (Wachstum) der Gingivazellen
Progesteron – erhöht Permeabilität (Durchlässigkeit) der Gefäße; vermehrte Entzündungsbereitschaft
In der Pubertät kommt es zur ersten großen Hormonumstellung. Das geschlechtsspezifische Ansteigen der Sexualhormone in der Sulkusflüssigkeit destabilisiert zumindest vorübergehend das ökologische Gleichgewicht in der Mundhöhle. Das Zahnfleisch wird verletzlicher und blutet leichter bei mechanischer Manipulation.

Zusätzliche Hormonbelastung durch Kontrazeptiva (Verhütungsmittel)
Die Anti-Baby-Pille bei jungen Frauen ist ein hormonelles Verhütungsmittel, das heutzutage nicht mehr wegzudenken ist. Durch die Zufuhr von Östrogen und Gestagen (Progesteron) wird die Gewebsstruktur weicher, durchlässiger und stärker durchblutet (Pseudotaschen). Bei den neuen/modernen Anti-Baby-Pille sind die Hormondosen meist so geringgehalten, dass sie keinen Einfluss auf die Mundflora nehmen. Doch sollte man bei einer Dysbalance der Mundflora, die Hormongabe durch die Pille nicht ganz außer Acht lassen.

Risikofaktoren in der Pubertät senken und die Motivation für Zahnpflegeroutine steigern
Gerade in der Pubertät sind auf Grund der Risikofaktoren regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt und PZR angesagt. Aufklärung und individuell angepasste MH- Instruktionen sollten an erste Stelle stehen. Die Aufgaben der Zahnarztpraxen sind regelmäßiges Monitoring (MH-Indizes, Kariesrisikobestimmung…) um Entgleisungen frühzeitig zu erkennen um rechtzeitig eingreifen zu können.

Die Aufklärung sollte nie zu kurz kommen, gerade bei Jugendlichen kommt sie gut an, denn dadurch fühlen sie sich ernst genommen und erwachsener. Dabei sollte man immer auf die richtige Wortwahl achten, keine Kindersprache verwenden und auf die Selbstverantwortung plädieren. Ebenso sollte man sich mit Fremdwörtern zurückhalten, die man vielleicht bei Erwachsenen schon verwenden würde. Gerade bei Jugendlichen ist man versucht, Verbote aufzuzählen, doch ist das ein absolutes No-Go. Verbote möchte kein Jugendlicher hören. Auch bei Erwachsenen funktioniert es nicht, wie sollte es dann bei Jugendlichen klappen. Süßigkeiten verteufeln ist nicht realistisch, wenn man vielleicht selber gerne nascht. Doch kann man Tipps geben, Zahnpflegekaugummis zu verwenden, Mundspülung anzuwenden oder nach der süßen Mahlzeit zumindest mit Wasser nachzuspülen.

Pubertierende leben im HIER und JETZT. Was ihnen danach blüht, wenn sie nicht Zähneputzen, ist ihnen meist egal. Erst wenn man ihnen plausible Vergleiche aufzeigt, warum sie jetzt auf ihre Zähne aufpassen sollten, kann man danach auch auf die Selbstverantwortung und auf die Zukunft verweisen.

Jugendliche wollen bei Gleichaltrigen gut ankommen und auffallen – flirten steht genauso im Mittelpunkt wie das Orientieren an berühmten Vorbildern (Role Models). Vergleiche wie „Zahnbelag sieht nicht attraktiv aus“ oder „Mundgeruch macht nicht sexy“, sind plausible Gründe um regelmäßig zum Zahnarzt zu gehen. Ganz nach dem Motto „Mit schönen Zähnen lässt sich besser Küssen“.

Mit Kleinigkeiten lässt sich Vertrauen schaffen. Zum Beispiel: Zeitschriften für Jugendliche im Wartezimmer auflegen, Musik wie Spotify im Behandlungsraum, die Möglichkeit sein Handy bei einer Ladestation aufzuladen. Das erhöhte Interesse der Jugendlichen für Social Media und Smartphones ist nicht abzustreiten, die Digitalisierung macht auch vorm Zähneputzen keinen Halt. Daher kommen Zahnputz-Apps und elektrische Zahnbürsten bei Jugendlichen ganz gut an.
Trotz darf der Einfluss der Eltern nicht außer Betracht gelassen werden. Das Vorleben einer gesunden Lebensweise durch die Eltern ist auch im Jugendalter noch ein Motivator. Eltern daher mit ins Boot holen!

Egal ob Jung oder Alt!
Lob hört jeder gerne und es motiviert. Ebenso sollte man sich das Motto „Übung macht den Meister“ zu Herzen nehmen. Je öfter etwas Wiederholt wird, desto eher wird es umgesetzt.

Tipps und Regeln zur Motivation von Jugendlichen:

  • Vertrauensverhältnis aufbauen
  • altersgerecht ansprechen und informieren
  • Zahnfärbelösungen einsetzen
  • Zuckerfreie Kaugummis/Bonbons
  • Naheliegende Vorteile aufzeigen (Flirtbonus, etc.)
  • Zahnputz-App, Instagram, TicToc etc.
  • Kosten von KFO, Flg. aufzeigen
  • Appell an die Selbstverantwortung
  • Auf Zeigefingerpädagogik verzichten
  • „Übung macht den Meister“
  • Jeder möchte gerne gelobt werden

Autorin: Kristina Krapf, BA
www.parorefresh.com

 

 

 

Verweis: Quellen beim Verlag
Quellenverzeichnis:
Almalki, T., Elger, W., Kiess, W. et al. Keine Korrelation zwischen Sexualhormonen und Gingivitis bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren*. Oralprophylaxe Kinderzahnheilkd 41, 38–40 (2019). https://doi.org/10.3238/BF03651738
Becker, F. (2019). Intrinsische und extrinsische Motivation. In: Mitarbeiter wirksam motivieren . Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57838-4_16
BZÄK. (Aug. 2019). Pubertät: Übermütiger Lebensstil gefährdet die Zahngesundheit. (ZWPonline, Hrsg.) Abgerufen am 29. Sept. 2022 von https://www.zwp-online.info/zwpnews/dental-news/branchenmeldungen/pubertat-ubermutiger-lebensstil-gefahrdet-auch-die-zahngesundheit
Danube Private University. (Sept. 2020). Österreich auf Platz 7 in der Mundgesundheit Jugendlicher. (ZWPonline, Hrsg.) Abgerufen am 29. Sept. 2022 von https://www.zwp-online.info/zwpnews/dental-news/branchenmeldungen/osterreich-auf-platz-7-in-der-mundgesundheit-jugendlicher?fbclid=IwAR0xuulxE1eZJ-4XNNlSNPcK0dYJAYFbOO10BJvzZBMFAHDFwaoLsovDD0s
Die Angelones GmbH. (April 2020). MUNDHYGIENE BEI JUGENDLICHEN – ZÄHNE PUTZEN MIT TEENAGERN. Abgerufen am 23. Sept. 2022 von https://www.dieangelones.ch/mundhygiene-jugendliche-zahne-putzen-teenager/
Die Angelones GmbH. (Mai 2021). WESHALB MUNDHYGIENE BEI TEENAGERN BESONDERS WICHTIG IST. Abgerufen am 25. Sept. 2022 von https://www.dieangelones.ch/mundhygiene-teenager/
Eder, C. (März 2016). Hormonelle Einflüsse auf Gingiva und Parodontium. (ZWPonline, Hrsg.) Abgerufen am 23. Sept. 2022 von https://www.zwp-online.info/fachgebiete/parodontologie/grundlagen/hormonelle-einfluesse-auf-gingiva-und-parodontium
Hellwig, E., Schäfer, E., Klimek, J., & Attin, T. (2018). Einführung in die Zahnerhaltung. Köln: Deutscher Zahnärzte Verlag .
Kalczyk , E. (kein Datum). Gewusst wie: Ursachen und Diagnostik von Erosionen. Abgerufen am 29. Sept. 2022 von https://www.prophy.at/gewusst-wie-ursachen-und-diagnostik-von-erosionen/
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, Körperschaft des öffentlichen Rechts; Bundeszahnärztekammer – Arbeitsgemeinschaft der Deutschen. (Aug. 2016). Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) - Kurzfassung. Deutscher Zahnärzte Verlag Köln .
Künkel, A. (2003). Die Psychologie der zahnärztlichen Gruppenprophylaxe: Kinder und Jugendliche verstehen und motivieren. Leitfaden für die Praxis. Schlütersche GmbH & Co. KG.
Kupfer, K. (Juli 2016). Sportgetränke: Gesundheitsrisiko für Vieltrinker. (ZWPonline, Hrsg.) Abgerufen am 01. Okt. 2022 von https://www.zwp-online.info/zwpnews/dental-news/branchenmeldungen/sportgetraenke-gesundheitsrisiko-fuer-vieltrinker
Oßwald-Dame, U. (Sept. 2017). "Mit schönen Zähnen lässt sich besser flirten". (Z. F.-V. dzw, Hrsg.) Abgerufen am 27. Sept. 2022 von https://dzw.de/jugend-teenies-karies-tipps-tricks-zahnpflege-prophylaxe
proDente e. V. (28. Juni 2016). pnc-aktuell. Herausforderung Jugendliche und Mundgesundheit. Abgerufen am 26. Sept. 2022 von https://www.pnc-aktuell.de/dentalwelt/gesellschaftenverbaende/story/herausforderung-jugendliche-und-mundgesundheit__4360.html
Röhner, J., & Schütz, A. (2020). Psychologie der Kommunikation . Berlin: Springer-Verlag GmbH.
www.prophy.at - die Wissensplattform für Prophylaxe-AssistentInnen. (kein Datum). Frauen sind anders, Männer auch Genderprophylaxe – geschlechterspezifische Unterschiede parodontologischer Probleme. Abgerufen am 29. Sept. 2022 von https://www.prophy.at/frauen-sind-anders-maenner-auch/
zm online. (Sept. 2019). Aufklärung unter dem Motto "Ich feier’ meine Zähne!". Abgerufen am 22. Sept. 2022 von https://www.zm-online.de/news/politik/aufklaerung-unter-dem-motto-ich-feier-meine-zaehne/