Patienten motivieren und Angst nehmen
„Zahnmedizin – mehr als ein gesundes Lächeln“ lautete das Motto des CP GABA Symposiums in Köln. Referentinnen und Referenten aus drei Ländern widmeten sich zukunftsweisenden Themen. Unter anderem wurden in zwei interaktiven Workshops die motivierende Gesprächsführung sowie der Umgang mit Angstpatienten in der Zahnarztpraxis beleuchtet. Zwei Themen, die in der Zahnarztpraxis immer präsent sind und zudem für das gesamte zahnärztliche Team eine hohe Relevanz haben.
Denn für die zahnmedizinische Prävention und Therapie spielt das Verhalten der Patientinnen und Patienten eine große Rolle. Je höher die Compliance (also das kooperative Verhalten von Patienten im Rahmen einer Therapie), desto eher stellt sich der Behandlungserfolg ein. Das gilt unter anderem für die Behandlung der Parodontitis: Rauchen oder mangelnde Mundhygiene sind nur zwei der zahlreichen verhaltensassoziierten Risikofaktoren, die mit dieser Erkrankung verbunden sind.
Motivierende Gesprächsführung
Ein besonders hilfreicher Ansatz, um gewünschte Verhaltensänderungen bei Patientinnen und Patienten zu realisieren, ist die Motivierende Gesprächsführung (Motivational Interviewing, MI), ursprünglich entwickelt von Suchttherapeuten [1]. Dr. Julia Kitzmann (Hamburg) und PD Dr. Christoph Ramseier (Bern) präsentierten die Grundzüge dieses Kommunikationsstils im interaktiven Format „Meet & Talk“ beim CP GABA Symposium in Köln. Unterstützung erhielten sie von der Freiburger Schauspielerin und Schauspieltrainerin Manuela Klaube, die authentisch und humorvoll die Rolle einer Patientin in ganz unterschiedlichen Situationen auf dem Behandlungsstuhl übernahm.
Kommunikation auf Augenhöhe
Wichtigster Grundsatz des MI ist die Partnerschaftlichkeit zwischen dem zahnärztlichem Team und dem Patienten. Nur durch Gespräche auf Augenhöhe und echtes Interesse an den Beweggründen lässt sich die Motivation der Betroffenen steigern. Dabei kommen im MI zahlreiche Kommunikationstechniken zum Einsatz, zum Beispiel offene Fragen und aktives Zuhören. Ziel ist es, die Stärken des Gegenübers zu erkennen und zu würdigen statt die Schwächen zu betonen. Im Idealfall gewinnen Patientinnen durch den sogenannten „change talk“ (zum Beispiel: „Ich kann jeden Tag zweimal meine Zähne putzen!“) auch größere Selbstwirksamkeit, das heißt die Überzeugung, es „schaffen“ zu können. Dass MI ein vielversprechender Ansatz für die Zahnmedizin ist, belegen auch mehrere Studien zu unterschiedlichen Anwendungsfeldern, etwa Karies oder Parodontitis [2, 3, 4, 5].
Der Ursprung der Motivierenden Gesprächsführung:
Motivational Interviewing (MI), im deutschen auch unter dem Begriff „Motivierende Gesprächsführung“ bekannt, wurde ursprünglich entwickelt, um therapieunwillige Suchtklienten für eine weitergehende Behandlung zu motivieren. Der amerikanische Suchtforscher und Psychologieprofessor Bill Miller und sein britischer Kollege Steve Rollnick entwickelten aus der Praxis der Arbeit mit Suchtkranken, die häufig als schwierig, d.h. unmotiviert und widerständig gelten, diesen Ansatz, der sich in zahlreichen empirischen Untersuchungen als effizient erwiesen hat. Ursprünglich als Vorbereitung für weitere Maßnahmen (z.B. Therapie) konzipiert, führte MI häufig ohne weitere Behandlung zu signifikanten positiven Veränderungen.
Miller und Steve Rollnick entwickelten das Konzept in den 1980er Jahren. Sie gingen davon aus, dass Menschen nicht per se veränderungsresistent sind, sondern dass sie Gründe sowohl für wie gegen eine Änderung ihres Verhaltens haben.
Würdigt die Fachkraft diese Haltung und beherrscht sie die spezifischen MI-Gesprächsprinzipien und -methoden, wird der sich anfangs ambivalent argumentierende und sich sträubende Gesprächspartner zum Fürsprecher der eigenen Veränderung.
Miller und Rollnick beschreiben die wesentlichen Kommunikationstechniken zusammen gefasst unter dem Akronym „OARS“. Darunter werden die Techniken der offenen Fragen (O), des Würdigens (engl. „affirm“; A), des Reflektierens (R) und Zusammenfassens (engl. „summarise“; S) verstanden.
„Motivational Interviewing“ stellt eine vielversprechende Methode in der Oralprophylaxe dar, um seine Patienten erfolgreich zu motivieren. MI spart Zeit mit widerständigen Patienten und bringt darüber hinaus Freude in den Praxisalltag.
Wichtigster Grundsatz des MI ist die Partnerschaftlichkeit zwischen dem zahnärztlichem Team und dem Patienten.
Dr. Julia Kitzmann (Hamburg)
PD Dr. Christoph Ramseier (Bern)
© beide Fotos: Alexander Böhle / CP GABA
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