Kaffee – Fakten und Mythen
Kaffee ist das weltweit am häufigsten konsumierte psychoaktiv wirkende Getränk. Hauptsächlich wird seine anregende, konzentrationsfördernde Wirkung dem Wirkstoff Koffein zugeschrieben, dennoch scheint die Mischung seiner rund 1.000 Bestandteile für die Wirksamkeit des Getränks verantwortlich zu sein. Der Frage, ob das Getränk nun ein wohltuendes, Abhilfe bei Müdigkeit schaffendes und die Konzentrationsfähigkeit förderndes, oder doch ein süchtig machendes, Stress verstärkendes ist, wollen wir in diesem Artikel näher auf den Grund gehen.
Kaffeegenuss global und in Österreich
Die Österreicher lieben Kaffee schon seit dem 17. Jahrhundert. Die Hauptstadt Wien gilt als Geburtsort der Kaffeehäuser – was zwar historisch nicht ganz stimmt, aber immerhin ist Wien für seine ausgewachsene Kaffeehauskultur weltweit berühmt. Weit vor der Entstehung des ersten Wiener Cafés gab es in Mekka bereits Einrichtungen dieser Form, später auch in Italien und England. Die Geschichte des Wiener Kaffeehauses begann mit dem Ende der Türkenbelagerung in den 1680er Jahren: Laut einer Legende fanden sich damals unter der Kriegsbeute geheimnisvolle schwarze Bohnen, in denen ein österreichischer Soldat ein Geschäft witterte und somit das erste Kaffeehaus Wiens eröffnete. Später wurde das schwarze Gebräu mit Milch und Zucker vermengt und erreichte damit einen richtigen Durchbruch bei den Wienern (1).
Die Österreicher trinken pro Tag etwa 250 ml, also rund zwei Tassen Kaffee. Damit liegt Kaffee nach Trinkwasser und Mineralwasser an dritter Stelle der am häufigsten konsumierten Getränke (5). 85 % der Österreicher trinken täglich mindestens eine Tasse Kaffee (12). 8,3 kg Kaffee verbraucht jeder Österreicher pro Jahr und liegt damit weit über dem europäischen Durchschnitt von knapp 5 kg (5). Weltweit werden täglich 1,4 Milliarden Tassen Kaffee konsumiert, wobei weltweit die Amerikaner am meisten Kaffee verbrauchen, gefolgt von den Brasilianern (12).
Der Koffeingehalt des Kaffees ist abhängig von der Zubereitung. Den Unterschied macht neben der Sorte vor allem die Kontaktzeit mit dem Wasser aus, während der Aromen, Bitterstoffe und Koffein aus den Bohnen gelöst werden.
Kaffee, ein gesundes Getränk?
Der regelmäßige Genuss von Kaffee war über die letzten Jahre immer wieder Thema diverser Studien, die sehr inhomogene, kontroverse und auch widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Zum heutigen Zeitpunkt scheint aus all diesen großen Studien hervorzugehen, dass ein moderater Kaffeegenuss – mit bis zu drei Tassen pro Tag – für die meisten Menschen als völlig unbedenklich betrachtet werden kann. Tatsächlich trägt ein erhöhter Kaffeekonsum sogar in einigen Bereichen positiv zur Gesundheit bei:
- Abnehmen – Koffein kurbelt den Stoffwechsel an, doch Vorsicht – es kann auch appetitsteigernd wirken!
- Asthma – Koffein weitet die Atemwege
- Blutdrucksenker – kurz nach dem Kaffeegenuss wird der Blutdruck zwar erhöht, auf Dauer wird er jedoch gesenkt und reguliert
- Cholesterinwerte – Polyphenole im Kaffee erhöhten „gutes“ HDL- und erniedrigen „schlechtes“ LDL-Cholesterin
- Darmfunktion – Koffein wirkt verdauungsfördernd
- Depressionen – Kaffee kann das Risiko, eine Depression zu entwickeln, herabsetzen
- Diabetes – die Chlorogensäure im Kaffee reguliert Blutzuckerschwankungen und kann das Risiko, Diabetes zu entwickeln, herabsetzen
- Gedächtnis – Koffein kann das Risiko, an Alzheimer oder Parkinson zu erkranken, herabsetzen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen – es gibt kein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Kaffeegenuss, teilweise wurden in Studien sogar positive Effekte festgestellt
- Kopfschmerzen – Koffein fördert die Durchblutung des Gehirns und kann leichten Kopfschmerz lindern
- Schlafstörungen – Kaffee wirkt innerhalb der ersten 15 Minuten beruhigend – ein Kaffee kurz vor dem Schlafengehen kann bei manchen Menschen das Einschlafen fördern
- Sport – Koffein wirkt kurzfristig leistungssteigernd
Nicht oder in sehr geringem Ausmaß konsumiert werden sollte Kaffee bzw. Koffein bei…:
- Schwangerschaft: Koffein steht im Verdacht, das Wachstum des Fötus zu hemmen und ein geringeres Geburtsgewicht zu begünstigen, auch Hinweise auf ein erhöhtes Totgeburtsrisiko wurden gefunden. Zusätzlich wurde in einer neueren Studie ein Zusammenhang zwischen dem Koffeinkonsum während der Schwangerschaft und einer Tendenz zu Übergewicht bei den Kindern hergestellt: Koffein ließ das Risiko für Übergewicht bei den Drei- und Fünfjährigen ansteigen (13). Einige tierexperimentelle Studien deuten auch darauf hin, dass die Exposition gegenüber Koffein im Mutterleib zu einer übermäßigen Gewichtszunahme beitragen könnte, indem der Appetit des Babys verändert wird oder Bereiche des Gehirns verändert werden, die eine Rolle bei der Regulierung von Wachstum und Stoffwechsel spielen (14).
- Stillzeit: Ein bis zwei Tassen Kaffee pro Tag können unbedenklich getrunken werden. Ratsam ist es dennoch, den Kaffee am Morgen bzw. im Laufe des Vormittags zu trinken, denn die aufputschende Wirkung kann noch acht bis zehn Stunden beim Säugling anhalten und zu Unruhe, Bauchschmerzen und Blähungen führen (15, 21). Im sechsten Monat erreicht das Baby in etwa die Abbaukapazität eines Erwachsenen, durch das geringere Körpergewicht fällt die Wirkung des Koffeins jedoch weiterhin stärker aus als bei der Mutter (16).
- Osteoporose: Koffein fördert die Ausscheidung von Calcium aus dem Körper, welches in Folge aus den Knochen bereitgestellt werden muss (3). Einer zwanzigjährigen Beobachtungsstudie zufolge wird der Kaffeegenuss aber erst bei mehr als vier Tassen täglich kritisch – bei derart hohem Kaffeekonsum nahm die Knochenfestigkeit der Probandinnen um 2- 4 % ab (20). Es wird aber empfohlen, den Kaffee gemeinsam mit Milch zu konsumieren (4).
Kaffee – der Lebensretter in stressigen Zeiten?
Neben diesen positiven Aspekten gibt es auch einige weniger positive Aspekte von Kaffee. Die typischen Effekte des Koffeins sind die gesteigerte Aufmerksamkeit und die erhöhte Wachheit, es kann aber auch vermehrt zu Angstgefühlen und Nervosität kommen (17). Das liegt daran, dass Koffein die Nebenniere anregt, vermehrt Adrenalin zu produzieren – dasselbe Stresshormon, das uns in Stress- und Gefahrsituationen die nötige Energie gibt, die Situation durchzustehen. Nachdem Kaffee aber zumeist nicht in Situationen dieser Art, sondern bei der Arbeit im Büro oder am Computer konsumiert wird, muss man sich fragen ob dieser künstlich herbeigeführte „Stressimpuls“ uns wirklich Energie gibt. Tatsächlich ist es nämlich so, dass durch den Kaffee nicht etwa Energie hergestellt wird, sondern Körper und Psyche kurzzeitig aufgeputscht werden, indem eine verstärkte Adrenalinausschüttung stattfindet. Dadurch spannen sich die Muskeln an, der Blutzuckerspiegel steigt (um dem Körper kurzfristig vermehrt Energie bereitstellen zu können), die Bronchien weiten sich, die Atmung beschleunigt sich, und Konzentration und Aufmerksamkeit sind geschärft.
Wenn der Adrenalin-Kick allerdings nach bereits etwa einer Stunde nachlässt, bleibt man müde und erschöpft zurück – und oft hungrig, denn Koffein führt auch zu einer verstärkten Ausschüttung von Insulin, das den Blutzucker senkt, indem es die Zellen anregt, mehr Blutzucker aufzunehmen. So folgt auf jeden Kaffeekick ein baldiges Kaffeetief – welchem häufig mit dem nächsten Kaffee entgegengewirkt wird… Es lässt sich unschwer erkennen, dass diese Energie eigentlich auf einer raschen Bereitstellung bereits vorhandener Energie beruht (2).
Kaffeeabhängigkeit – gibt’s doch gar nicht, oder doch?
Heiß diskutiert ist auch, ob Kaffee körperlich oder psychisch abhängig mache. Bei anhaltendem Kaffeekonsum über einen längeren Zeitraum von sechs bis 15 Tagen kann sich eine Koffeintoleranz entwickeln, das heißt der Körper gewöhnt sich an die Dosis und diese muss weiter erhöht werden, wenn der gleiche Effekt beibehalten werden soll (17). Erste Entzugserscheinungen treten meist 12 bis 24 Stunden nach dem letzten Koffeinkonsum auf. Sie sind während der ersten ein bis zwei Tage am stärksten und verschwinden nach etwa zwei bis neun Tagen (18). Die häufigsten Symptome sind Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Müdigkeit und Erschöpfung (2).
Laut einigen Quellen kann sich eine körperliche Koffeinabhängigkeit bereits ab etwa 100mg täglich – also einer Tasse Kaffee – entwickeln (17).
Letztendlich scheint es so, dass sowohl Koffein als auch das beliebte Heißgetränk Kaffee mit über 1.000 Inhaltsstoffen von Mensch zu Mensch anders wirkt und anders vertragen wird – die einen brauchen ihn um in den Tag zu starken, schätzen seine anregende und teilweise auch euphorisierende Wirkung (17), andere fühlen sich dadurch jedoch vermehrt unruhig, nervös und leiden auch bei geringem Konsum an Schlafschwierigkeiten. Hier gilt es, für sich selbst den besten Weg zu finden, und das Genussmittel ganz nach eigenem Genuss und Belieben einzusetzen.
Von Mag. Sabine Remmel
Dental Science Liaison Manager
Colgate-Palmolive GmbH
Foto © privat
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