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In einem gesunden Körper wohnt ein gesundes Parodont

By: | Tags: , , , , , , , | Comments: 0 | Februar 8th, 2014

Dass körperliche Aktivität einen positiven Effekt auf die Insulinsensitivität bei gesunden Menschen sowie auch Patienten mit Diabetes mellitus hat, ist ebenfalls unumstritten. In neueren Studien konnte gezeigt werden, dass kontinuierliches körperliches Training einen Anstieg antientzündlicher Zytokine sowie Zytokin-Inhibitoren zur Folge haben kann. Da die Parodontitis eine chronisch systemische Entzündungserkrankung ist und regelmäßige körperliche Betätigung die Immunabwehr stärkt, sollte sich eine solche auch positiv auf die Parodontitis auswirken.

Methodik, Patientenkollektiv und klinische orale Untersuchungen

An einer Studie der Sportmedizinischen Ambulanz der Universität Leipzig (Direktor Prof. Dr. med. M. Busse) haben 50 Typ-II-Diabetiker im Alter zwischen 44 und 77 Jahren mit Parodontitis (drei oder mehr Zähne mit einer Taschentiefe = 5 mm) und einer Bezahnung von mindestens 5 Zähnen, teilgenommen. 32 der 50 Typ-II-Diabetiker wurden orale Antidiabetika verabreicht und die übrigen 18 haben Insulin gespritzt.

Zu Beginn des Trainings wurde bei allen 50 Personen eine klinische parodontale Grunduntersuchung durchgeführt. Dabei wurden folgende Indizes gemesssen und dokumentiert:
•    Gingival Index (GI)
•    Papillenblutungsindex (PBI)
•    Taschensondierungstiefen (Probing pocket depht, PPD)
•    Periodontal Screening and Recording (PSR)
•    Anzahl der Zähne

Die Taschentiefe wurde mit der WHO-Sonde an sechs Stellen jedes Zahnes erhoben (lingual und buccal jeweils mesial, medial und distal). Der PSR-Wert hat sich nach dem höchsten Wert pro Sextant gerichtet. Alle Werte wurden von einer Zahnärztin erhoben, die parallel in vielen Studien gleiche Untersuchungen durchgeführt hat und nicht wusste, welcher Patient zu welcher Studie gehört hat; wobei sie bei insgesamt 700 Patienten die gleichen Parameter untersucht hat. Somit konnte ein Hawthorne-Effekt (Er besagt, dass die Teilnehmer einer Studie ihr natürliches Verhalten ändern, weil sie wissen, dass sie an einer Studie teilnehmen und unter Beobachtung stehen.) eindeutig ausgeschlossen werden. Ebenso wussten die teilnehmenden Personen der Studie nichts von der Eingangsuntersuchung zur Erhebung des Parodontalstatus, wie auch von der Wiederholung der Untersuchung nach sieben Monaten. Die Patienten erhielten keine Mundhygieneunterweisungen, Ernährungsintervention, Befundaufklärung, antibiotische und/oder Parodontitistherapie sowie Medikationsänderung.

Statuserhebung zum persönlichen Mundhygieneverhalten

Vor der klinischen Parodontaluntersuchung wurde von den teilnehmenden Patienten ein Fragebogen mit 44 Fragen ausgefüllt. Unter anderem wurde nach dem häuslichen Mundhygieneverhalten gefragt, wie Häufigkeit und Dauer des Zähnebürstens, der Verwendung von Interdentalreinigung und  Mundspüllösungen sowie Häufigkeit der Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt.  Am Ende der Trainingsperiode wurde der gleiche Fragebogen erneut ausgefüllt, wobei der Patient nichts von der Zweiterhebung wusste.

Training nach Plan

Das Gesundheitstraining erfolgte zweimal pro Woche. Dieses umfasste eine Trainingseinheit mit einem 45-minütigen Ausdauertraining (Fahrradergometer, Laufband, Ruderergometer) und 15 Minuten Seilzugtraining. Hierzu kam eine zweite Trainingseinheit, die ein 45-minütiges moderates Schwimmen unter Aufsicht beinhaltet hat. Das Trainingsprogramm hat mit geringer Intensität gestartet und wurde langsam patientenabhängig gesteigert. Vor und nach jeder Trainingseinheit wurden Herzfrequenz, Blutdruck, Blutglukose sowie das Druck-Frequenz-Produkt (Herzfrequenz x Blutdruck/syst. x 1.000-1) bestimmt sowie auch die erreichte Belastung notiert. Die Werte zu Beginn und am Ende der siebenmonatigen Trainingsperiode wurden berechnet und verglichen.

Die Ergebnisse sind beeindruckend

Die Ausdauerleistung konnte durch das regelmäßige Gesundheitstraining um 70 Prozent gesteigert werden. Das Körpergewicht blieb zwar unverändert, jedoch hat sich der Langzeitglukosewert um 0,3 Prozent verbessert. Relevante gingivale und parodontale Verbesserungen und Taschensondierungstiefen konnten durch die regelmäßigen Gesundheitstrainingseinheiten erzielt werden, ohne jede Mundhygiene- und Therapieintervention.

 

vor Training nach 7 Monaten Training Veränderung (%)
PSR 3,1 2,5 -20%
PBI 2,1 1,9 -10%
Anzahl blutender Papillen 13,8 10,6 -23%
Anzahl Taschensondierungstiefe 4mm 10,4 6,3 -39%
Anzahl Taschensondierungstiefe 5mm 11,2 7,2 -35%
Anzahl Taschensondierungstiefe 6mm 2,6 1,0 -60%

(PSR=Peridontal Screening an Recording; PBI=Papillenblutungsindex)

Primär würde man die erheblichen Verbesserungen der Parodontalparameter auf eine Änderung des Mundpflegeverhaltens zurückführen. Die Ergebnisse des Vergleichs der ausgefüllten Fragebögen zu Beginn und am Ende der Trainingsperiode schließen diese Vermutung jedoch aus. Fast identische Antworten wurden gegeben, ohne dass die Personen von einem erneuten Ausfüllen des Fragebogens sieben Monate später wussten. Somit können die parodontalen und gingivalen Verbesserungen eindeutig dem Training zugewiesen werden.

Gründe für parodontale und gingivale Trainings-Effekte

1. Bei Diabetikern:
Da die Parodontitis auch als eine Komplikation des Diabetes mellitus und in Abhängigkeit von der Diabetesdauer gesehen wird, kann der trainingsbedingt verbesserte Blutglukosespiegel als Erklärung für die Entzündungs- und Sondierungstiefenminderung herangezogen werden.

2. Bei mangelhafter Immunlage:
Die Parodontitis wird als unterschwellige chronische Entzündung bezeichnet. Eine dauerhafte systemische Immunschwäche schwächt auch die lokale Immunantwort. Der Tumor Nekrose Faktor alpha wird in diesem Zusammenhang als proinflammatorisches (entzündungsförderndes) Zytokin genannt. Daher sollten alle Faktoren, die eine Senkung der TNF-alfa-Werte induzieren, die Immuneffizienz verstärken. In einer anderen Untersuchung (Schulze et al., in Vorbereitung) wurde z. B. nach einem längerfristigen Training eine Erhöhung der TNF-alfa-Werte nachgewiesen.

3. Bei mangelnder Durchblutung des Parodontiums:
Eine verstärkte lokale Durchblutung der Gingiva wurde bereits in einer Studie von Aars et al. (1993) beschrieben: Isometrische Handgreifübungen (35 Prozent der Maximalleistung, 2 Min.) und die dadurch erzielte Ischämie (2 Min.) induzierte einen kurzen Anstieg der Pulpadurchblutung und eine länger anhaltende Mehrdurchblutung der Gingiva. Bei einer verminderten Durchblutung der Parodontien (d. h. periphere Spitzenregion) bedeutet dies, dass eine trainingsbedingte Mehrdurchblutung des Parodontiums die lokale Immunabwehr und somit die Parodontitis verbessern kann.

Fazit

Regelmäßiges Gesundheitstraining über mehrere (ideal 7) Monate kann die Anzeichen parodontaler und gingivaler Entzündungen verbessern. Zumindest für Patienten mit Typ-II-Diabetes gilt dies nun als nachgewiesen.

(Quelle: Schulze A.; Gesundheitstraining verbessert die parodontale Entzündung; Zahnmedizin, Oarodontologie/Prophylaxe;
ZWP 3 / 2011; 66 – 70)

 

Autorin:

Barbara Bergmann
Prophylaxeassistentin in Wien