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Der RDA-Wert

By: | Tags: , , , , , , , | Comments: 0 | März 10th, 2008

Relative Dentinabrasion von Zahnpasten.

Der RDA-Wert (engl. relative/radioactive dentine abrasion), umgangssprachlich auch als „Abrasionswert“ bezeichnet, sorgt immer wieder für lebhafte und kontroverse Diskussionen. Wer sich beteiligen will, sollte mehr über den „RDA“ wissen, als dass es „Hohe“ und „Tiefe“ gibt.


Als Abrasion bezeichnet man in der Zahnmedizin den Verlust von Zahnhartsubstanz durch mechanische Einflüsse, z.B. beim Zähneputzen. Zur Quantifizierung dieses Materialabtrags wird eine international gültige Norm (DIN EN ISO 11609) herangezogen; sie beschreibt, wie der durch Zahnpasten verursachte Substanzabrieb auf Dentin (oder Schmelz, dann als REA – relative enamel abrasion – bezeichnet) zu messen ist. In einem als „radio-tracing“  bezeichneten Verfahren werden Dentinproben mit hoher Energie bestrahlt, sodass enthaltene Phosphor-Atome radioaktiv werden. Nach einem standardisierten Protokoll werden die Proben nun in einer Bürstmaschine mit den zu testenden Zahnpasten sowie einer Standard-Vergleichspaste gebürstet. Die Menge des abradierten Dentins kann dann einfach durch die Messung der Strahlungsaktivität im Zahnpastenschaum bestimmt werden. Je höher die Strahlung desto mehr Substanz wurde von den Dentinproben  abgetragen – desto höher die Abrasivität. Abschließend wird der Wert der Standard-Vergleichspaste gleich 100 gesetzt und die Abrasion der Testpasten in Prozent dieses Standardwertes ausgedrückt. Dieser Prozentwert ist die RDA-Zahl, welche die Abrasivität einer Zahnpaste auf Dentin in vitro angibt (z.B. bedeutet ein RDA von 70, dass die Zahnpaste nur 70% der Abrasivität des verwendeten Standardabrasivs aufweist.)

Der RDA ist ein Relativwert

Wichtig zu wissen ist, dass viele Schritte des genannten Messverfahrens nicht sehr präzise beschrieben sind und Varianzen in der Durchführung zulassen. Mit der Folge, dass die Messungen der drei zur Zeit führenden Labore zu abweichenden Ergebnissen führen; auch wenn es sich um ein und dieselbe Zahnpaste handelt. (Dabei sind die Werte der beiden Labors in den USA in etwa vergleichbar, wohingegen das Labor in der Schweiz deutlich niedrigere RDA-Werte misst).

Der RDA-Wert ist demzufolge nur ein Relativwert und der Vergleich der RDA’s verschiedener Zahnpasten nur dann zulässig, wenn diese im selben Labor gemessen wurden. Leider fehlt auf den meisten Zahnpasten, auf denen ein RDA angegeben wird, der Hinweis auf das Testlabor. Aber es wird noch  komplizierter: RDA-Messungen weisen auch innerhalb eines Labors eine relativ große Standardabweichung auf, die bis zu +/- 15% betragen kann! Die Angabe auf Zahnpastatuben bezeichnet daher Mittelwerte. Zum Beispiel schwanken bei einem RDA von ~100 die Messwerte zwischen 85 und 115. Einen fixen Messwert gibt es nicht! Idealerweise ist dies auf der Tube vermerkt, sodass die vollständige und vergleichbare Angabe z.B. „RDA ~80 (Missouri)“ lauten sollte.

Klinische Relevanz des RDAs

Die Messung des RDAs im Labor erfolgt unter „worst case“-Bedingungen in  einem stark vereinfachten Modell. Faktoren wie die Zahnbürste, Putztechnik, Putzdruck etc. können nicht berücksichtigt werden, weshalb das Modell die Realität auch nur sehr bedingt abbildet. Unter in vivo Bedingungen (also beim täglichen Zähneputzen) geht nämlich viel weniger Substanz verloren als im Labor.
Man sollte sich stets dessen bewusst sein, dass der RDA die Abrasion auf Dentin angibt. Er ist daher nicht ohne Weiteres auf Schmelz übertragbar! Auch das härteste Material des menschlichen Körpers muss beim Zähneputzen Substanzverluste verzeichnen. Diese werden allerdings bis zu einer Stärke von 100 μm als klinisch irrelevant angesehen. Hochrechnungen gehen davon aus, dass 2-maliges Putzen pro Tag für jeweils 2 Minuten über eine Zeitdauer von  100 Jahren(!) zu einem Verlust von lediglich etwa 50 μm führt. Zum Vergleich: Im zervikalen Bereich weist unser Zahnschmelz eine Stärke von ca. 130 μm auf!

Achtung! Sobald Dentin freiliegt, ist Vorsicht geboten.

Schon „ganz normale“ Zahnpasten für den täglichen Gebrauch können hier schnell zu klinisch bedeutsamen Materialverlusten führen. Die falsche Putztechnik und die falsche Zahnbürste verstärken diesen Effekt noch. Bei Patienten mit freiliegenden Zahnhälsen ist unbedingt auf eine schwach-abrasive Zahnpaste zu achten. RDA-Werte zwischen 30-50 gelten hier als  akzeptabel (z.B. von elmex® SENSITIVE). Fehlt die Angabe des RDAs auf Tube oder Verpackung, sollte beim Hersteller nach RDA und Testlabor gefragt  werden. Verweigert dieser die Angabe, ist man mit einer anderen Zahnpaste  sicherlich besser beraten.

Entfernung von Verfärbungen

Noch ein Wort zu sogenannten Intensivreinigungspasten: Sinn und Zweck solcher Spezialzahnpasten ist die schonende Entfernung extrinsischer  (oberflächlicher) Verfärbungen bzw. der Erhalt der natürlichen Zahnfarbe, z.B. nach einer professionellen Zahnreinigung. Wer hier „whitening“ erwartet, also eine Zahnaufhellung über die natürliche Zahnfarbe hinaus, liegt vollkommen daneben! Generell korreliert die Reinigungsleistung einer Zahnpaste mit dem Abrasionswert. Von einer höher abrasiven Paste darf man daher eine bessere Zahnreinigung erwarten, als von einer niedriger Abrasiven. Eine Spezialpaste mit RDA ~160 (z.B. elmex® INTENSIVREINIGUNG) entfernt Beläge und Verfärbungen also besser als eine Standardpaste mit RDA ~100. Wird sie damit aber auch „gefährlicher“ für den Zahn? Nicht unbedingt, da der Schmelzabtrag aufgrund des höheren „Schmirgeleffektes“ theoretisch ebenfalls höher ist, dürfen diese Produkte nicht täglich angewendet werden (bei der elmex® INTENSIVREINIGUNG jeden 2. Tag). Erst dann können klinische Schäden am Zahnschmelz ausgeschlossen werden. Dies gilt aber ausschließlich für den gesunden Zahn und nur wenn den Anwendungsempfehlungen des Herstellers Folge geleistet wird. Fluoride und Polierkörper in der Formulierung sorgen außerdem für Kariesschutz und erschweren die Anlagerung von Plaquebakterien durch eine sehr glatte Zahnoberfläche. Freiliegendes Dentin oder übermäßiges, vielleicht sogar tägliches Putzen mit  Intensivreinigungspasten kann schnell zu Zahnhartsubstanzdefekten führen! In diesem Falle sollte von einer Anwendung abgesehen oder zumindest die  Prophylaxeassistentin bzw. der Zahnarzt konsultiert werden.

Fazit

  • Der RDA ist ein Maß für die Abrasion auf Dentin und hat damit für den Zahnschmelz nur eine eingeschränkte Aussagekraft.
  • Der Verlust von Zahnschmelz durch Zähneputzen ist selbst auf Lebenszeit zu vernachlässigen.
  • Vorsicht ist bei freiliegendem Dentin geboten. Unbedingt eine Zahnpaste mit sehr niedrigem bis niedrigem RDA verwenden (ca. 30 bis 50).
  • Der Vergleich von RDA-Werten verschiedener Zahnpasten ist nur dann zulässig, wenn die Pasten im selben Messlabor getestet wurden.
  • Auch hochabrasive Intensivreinigungspasten (z.B. elmex® INTENSIVREINIGUNG) können auf gesundem Zahnschmelz bedenkenlos angewendet werden; aber bitte maximal jeden 2. Tag!

 

Autor:
Dr. Daniel Bachteler
MedWiss GABA International
Schweiz