Themen

Wissenswertes für Prophylaxe-AssistentInnen erwartet Sie im Bereich Prophy-Themen.
Filtern Sie nach der gewünschten Kategorie, geben Sie Ihren individuellen Suchbegriff
ein und finden Sie so alle Artikel zum gewünschten Thema.

Der klinikpflichtige Patient

By: | Tags: , , | Comments: 0 | Februar 10th, 2007

Entscheidungshilfen für das Partientenmanagement bei Parodontalerkrankungen.


Viele Professionisten sind sich bewusst, wie leicht und schnell eine schwere Parodontalerkrankung übersehen werden kann. Manche Parodontalpatienten können sehr gut in einer allgemeindentalmedizinischen oder einer „Kassenpraxis“ betreut werden, andere wiederum sind nur bei Fachärzten oder Spezialisten für Parodontologie zu therapieren. Besonders komplexe und multifaktoriell belastete Parodontalpatienten sollten nur an einer Klinik mit erweiterter Infrastruktur betreut werden. Das an der Abteilung für Parodontologie und Prophylaxe der Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik etablierte „Wiener Behandlungskonzept“ hat sich in hohen Maße bewährt. Besonders bei komplexen und therapeutisch umfangreichen Parodontalbehandlungen empfiehlt es sich, die  Behandlungsstrategie im Team zu entwickeln. Auch fachübergreifende Befunde sind an einer Spezialklinik einfacher und schneller einzuholen.

Parodontale Grunduntersuchung

Wie soll nun das Prophylaxeteam erkennen, ob ein/e PatientIn „auf die Klinik“ oder zu einem Spezialisten für Parodontologie gehört? Ein brauchbares Konzept ist die parodontale Grunduntersuchung (PGU), mit dem einfach und schnell eine Entscheidungshilfe gefunden werden kann. Die PGU ersetzt nicht den Parodontalstatus oder irgendeine andere Untersuchung oder Befundung, sondern stellt ergänzend ein Instrument dar, um Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Voraussetzung ist natürlich, dass jeder neue Patient und jeder Patient im Recall mit der PGU untersucht wird. Nur so wird es möglich, eine krankhafte parodontale Veränderung nicht zu übersehen und die Behandlungen anzupassen.

Konsequenzen der PGU-Daten

Die Dokumentation des Verlaufes liefert wichtige Daten und Informationen für das gesamte Prophylaxeteam. Die Patienten werden in klinisch gesund (PGU-Grad 0), gingival erkrankt (Grad 1–2), oder parodontal erkrankt (Grad 3–4) eingeteilt:
Bei einem PGU-Wert von 0, 1, oder 2 sind Mundhygienesitzungen oder Prophylaxesitzungen ausreichend, Plaque- und Zahnsteinentfernung sowie die Optimierung der häuslichen Mundhygiene stehen im Vordergrund. Das „IMIElement“ (Information, Motivation, Instruktion) sollte einen großen Teil der Sitzung einnehmen: Ohne Information keine Motivation und keine Instruktion. Das Verstehen und Begreifen der eigenen Erkrankung ist für den Patienten sehr wichtig. Ansonsten könnte es schnell zu Behandlungsabbrüchen seitens der Patienten kommen, da „ja eh nichts weh tut“. Gut motivierte und instruierte Patienten arbeiten sehr gut mit und helfen so entscheidend mit, die Erkrankung auszuheilen.
Bei einem PGU-Wert von 3 oder 4 wird eine umfassendere Behandlung sowie Befundung notwendig. Eine allgemeinmedizinische und eine zahnärztliche Krankengeschichte sowie eine extra- und intraorale Untersuchung und die PGU sollten von jedem Patienten vorliegen. Zusätzlich werden nun der Schweregrad, der Verlauf und das Ausmaß der Parodontitis erhoben und beurteilt. Parameter wie Taschentiefe, Attachmentverlust, Plaquebefall, Entzündungszeichen, Mobilität, Furkationsbeteiligung, Blutung nach Sondieren und noch etliche weitere werden dokumentiert und in ein Parodontalstatus-Protokoll eingetragen. Mithilfe eines Röntgenbefundes und aller anamnestischen Informationen kann eine Diagnose sowie ein Therapieplan erstellt werden. Eine Einzelzahnprognose ist die Basis für eventuell spätere prothetische, konservierende und oder kieferorthopädische Therapieplanungen.

Amerikanische Empfehlungen

Die aktuellen Empfehlungen der American Academy of Periodontology zum therapeutischen Management bei Parodontalpatienten geben, ebenso wie die PGU, Hilfestellungen für den Entscheidungsprozess. Sie teilen ein in Patienten,

  • die durch einen Parodontologen behandelt werden sollten;
  • die durch die gleichzeitige Behandlung des zuweisenden Zahnarztes und des Parodontologen wahrscheinlich profitieren würden;
  • die durch die gleichzeitige Behandlung des zuweisenden Zahnarztes und des Parodontologen Vorteile erleben könnten.

Lokale Voraussetzungen

Inwieweit das Prophylaxeteam schwer parodontal erkrankte Patienten managen kann, ist von mehreren Faktoren abhängig: Die Ausbildung und Erfahrung des Zahnarztes und der Mundhygieneassistentin und/oder der Dentalhygienikerin bestimmen die Überweisungsentscheidung. Spezialisierte Praxen und Kliniken werden das gesamte parodontale Behandlungsspektrum abdecken und Anlaufstelle für komplexe, umfangreiche Fälle darstellen. Dagegen werden allgemeinzahnärztliche Praxen PGU-4-Patienten überweisen, eventuell bei PGU 3 eine Zusammenarbeit mit Spezialisten suchen oder auch überweisen. Patienten mit PGU-Grad 0–2 können meistens in der Praxis versorgt werden.

 

Autor:
OA Dr. Rudolf Blahout
Abteilung für Parodontologie und Prophylaxe
Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik Wien