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Der Keim bestimmt die Therapie

By: | Tags: , , | Comments: 0 | Juni 8th, 2006

Professionelle Parodontal-Diagnostik mittels Keimabstrich.

Die schwierige Aufgabe, die Ursachen der Parodontitiden zu klären und daraus sinnvolle Therapiekonzepte zu entwickeln, kann nur durch eine enge, gut abgestimmte Kooperation zwischen Klinikern und Mikrobiologen gelöst werden.


Generell ist die mikrobielle Zusammensetzung der Plaque durch eine große Vielfalt an verschiedensten Keimen charakterisiert. In Proben aus parodontalen Läsionen können bis zu 600 verschiedene mikrobiologische Bakterien nachgewiesen werden. Jedoch sind von diesen nur zirka zehn Prozent wirklich pathogen. Dabei sind die Bakterien per se als auch einzelne Bakteriensubstanzen sowie deren Stoffwechselprodukte die auslösenden Faktoren für parodontalen Gewebsverlust. Zudem lösen diese Substanzen Entzündungsvorgänge des Wirtsgewebes aus. Dadurch entstehen entzündete Taschen, die optimale Voraussetzungen für das Anwachsverhalten von pathogenen Mikroorganismen bieten. Die zunehmende Taschentiefe bewirkt eine erschwerte Aufrechterhaltung der Parodontal-/Implantathygiene durch den Patienten, und es kommt zu einem charakteristischen Überhang von anaeroben und fakultativen anaeroben Keimen gegenüber dem physiologischen Keimspektrum.
Die Therapie der Parodontitis sollte daher eine exakte Diagnose mit Erfassung aller pathogener Keime sowie einer eventuellen antibiotischen Austestung beinhalten. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die einzelnen mikrobiellen Nachweismethoden gegeben werden.

Die native Keimdiagnostik

Mit Hilfe von Dunkelfeld- oder Phasenkontrastmikroskopie können Kokken, Filamente, Stäbchen, Bakterien und Spirochäten direkt bestimmt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Beweglichkeit der Bakterien ist eine graduelle Beurteilung der Aktivität des Krankheitsgeschehens möglich. Das Ergebnis ist ohne großen Aufwand und in kurzer Zeit ermittelbar. Nachteilig sind die hohen Kosten für die Anschaffung des Mikroskops bei nur eingeschränkter diagnostischer Aussagekraft. Eine genaue Keimbestimmung sowie eine Überprüfung des Resistenzverhaltens ist hierbei nicht möglich.

Die Bakterienkultur mit antibiotischer Austestung

Die aerobe und die anaerobe Bakterienkultur ist die klassische Referenzmethode zur Bestimmung der mikrobiellen Zusammensetzung von Plaqueproben. Sie erlaubt die Untersuchung aller kultivierbaren Keime und ermöglicht die exakte quantitative Bestimmung sowie proportionale Verteilung der einzelnen Keime zueinander. Des Weiteren ist auch die antibiotische Resistenzbestimmung anhand dieser Kultur möglich. Der Aufwand dafür ist gering: benötigt werden lediglich sterile Papierspitzen und ein geeignetes Transportmedium, das im Regelfall vom mikrobiologischen Labor zur Verfügung gestellt wird. Nachteil: rund 14-tägige Wartezeit auf den Erhalt der Ergebnisse.

PCR und Real-Time-PCR

Dieser Nachteil wird durch den Keimnachweis mit Hilfe der „polymerase chain reaction“ (PCR und Real-Time-PCR) behoben. Bei diesem Verfahren wird ebenfalls ein Abstrich aus der entzündeten Tasche entnommen und im geeigneten Transportmedium dem mikrobiologischen Fachlabor übersandt. Bei dieser Methode ist nicht auf die Erhaltung der Vitalität des Keimes beim Transport zu achten, da Fragmente der Erbsubstanz genügen, um das Vorhandensein der Keime nachzuweisen. Dieses diagnostische Hilfsmittel eignet sich besonders als Screeningmethode, da die Ergebnisse bereits nach 24–72 Stunden zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zur normalen PCR erlaubt die Real-Time-PCR zusätzlich eine verlässliche und exakte Quantifizierung von Bakterienzahlen in der subgingivalen Probe bei gleichzeitig hoher Spezifität und Sensitivität. Neben der richtigen Wahl der Untersuchungsmethode sind zwei Parameter mitbestimmend für den Erfolg der mikrobiellen Diagnostik. Zum einen ist es die richtige Entnahmetechnik, wobei nach Reinigung der supragingivalen Strukturen zwei bis drei sterile Papierspitzen für zehn Sekunden in der zu untersuchenden Tasche belassen und danach sofort in ein geeignetes Transportmedium eingebracht werden sollten.) Der zweite wichtige Parameter ist der ordnungsgemäße Transport des Untersuchungsmaterials. Je nach gewünschter Untersuchungsmethode sollten die geeigneten Transportgefäße gewählt werden, die nach Anforderung in den meisten Fällen vom mikrobiologischen Fachlabor zur Verfügung gestellt werden. Um die Qualität der Probe zu erhalten, sollte diese in einem sterilen und luftdicht geschlossenen Behälter verwahrt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass aufgrund ungünstiger Einflüsse (Temperatur, Feuchtigkeit etc.) die Erreger abgetötet werden (außer bei PCR-Methoden) oder sogar neu hinzukommende Keime sich ansiedeln. Weiters sollten die Transportzeiten so kurz wie möglich gehalten werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch die Anwendung des geeigneten mikrobiellen diagnostischen Verfahrens die Behandlung der Parodontitis und Periimplantitis optimiert wird. Durch die routinemäßige Integration mikrobiologischer Methoden in die Therapie von Patienten mit Parodontitis/Periimplantitis ist eine wesentliche Verbesserung der therapeutischen Ergebnisse zu erzielen.

 

Autor:
Univ.-Prof. DDr. Orhun Dörtbudak
Univ. Klinik für ZMK, Wien