Themen

Wissenswertes für Prophylaxe-AssistentInnen erwartet Sie im Bereich Prophy-Themen.
Filtern Sie nach der gewünschten Kategorie, geben Sie Ihren individuellen Suchbegriff
ein und finden Sie so alle Artikel zum gewünschten Thema.

Auswirkungen systemischer Erkrankungen auf die Mundgesundheit

By: | Tags: , , | Comments: 0 | März 8th, 2007

Diabetes und Parodontitis – ein gefährliches Doppel.


Die Mundhöhle ist nicht unabhängig von den Vorgängen im Körper, da es nur ein Blutgefäßsystem gibt, das den Körper mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Bedingt durch Krankheitsprozesse, oder auch durch Nährstoffmängel bei unzureichender Zufuhr kann es zu Beschwerden kommen. Umgekehrt können auch Arzneimittel, die gegen systemische Erkrankungen verschrieben werden, Veränderungen in der Mundhöhle wie Xerostomie, orale Läsionen oder Muskelschwäche verursachen. Durch die Beeinträchtigung können sich in weiterer Folge die Ernährungsmuster verändern und es kann unter Umständen der gesamte Körper geschwächt werden.
Die Verzweigungen der systemischen Gesundheit eines Patienten sind in der präventiven Zahnheilkunde bedeutend, da sie Ansatzpunkte für gegebenenfalls orale Beschwerden darstellen. Sie können die Behandlungsziele und den Zeitplan für die Behandlung ändern oder die Empfehlung zur Ernährung beeinflussen. Eine Ernährungsberatung bei oralen Beschwerden muss daher unter Berücksichtigung des ganzheitlichen Gesundheitszustandes des Patienten erfolgen.

Stoffwechselstörung: Diabetes mellitus

Eine Erkrankung, die auch im Hinblick auf die Mundgesundheit immer wichtiger wird, ist Diabetes mellitus (im Volksmund oft auch als „Zuckerkrankheit“ bezeichnet). Rund 400.000 diagnostizierte Diabetiker gibt es in Österreich, und auf etwa so hoch wird auch die Dunkelziffer der unerkannten Diabetesfälle geschätzt. In den Industrienationen leiden fast 95 Prozent der Patienten am so genannten Typ-2-Diabetes. Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes wird bei dieser Form das für den Stoffwechsel notwendige Hormon Insulin (vermittelt die Aufnahme von Glukose in die Zellen) zunächst noch gebildet, allerdings  reagieren die Körperzellen nicht mehr richtig darauf. Es ist bekannt, dass Erbfaktoren und das Alter bei der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes eine wichtige Rolle spielen. Ob und wann die Krankheit ausbricht, hängt aber ganz wesentlich vom Lebensstil ab: Vor allem Bewegungsmangel, allzu üppiges Essen und das daraus resultierende Übergewicht sind entscheidende Faktoren.

Wechselseitige Verschlechterung

Auf den ersten Blick scheinen Diabetes und Parodontitis nicht viel miteinander zu tun zu haben. Heute weiß man, dass sich Entzündungen des Zahnhalteapparates und die Zuckerkrankheit gegenseitig beeinflussen. Eine wesentliche Ursache liegt darin, dass chronisch überhöhte Blutzuckerspiegel (das namensgebende Leitsymptom des Diabetes), aber auch häufig gleichzeitig auftretende Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck längerfristig die großen und kleinen Gefäße in Mitleidenschaft ziehen und damit auch die Durchblutung der parodontalen Gewebe verschlechtern. Dazu kommt, dass bei erhöhten Blutglukosespiegeln vermehrt Urin ausgeschieden wird und dadurch Flüssigkeit in großem Umfang verloren geht. Dies kann sich im Mundraum als Xerostomie äußern. Dadurch wird die geschmackliche Wahrnehmung beeinträchtigt, das Zahnfleisch irritiert (Brennen in der Mundhöhle) und das Kariesrisiko erhöht. Die Kombination von Mundtrockenheit und reduzierter Immun-Abwehr kann bei schlecht eingestellter Diabetes öfter zu Candida-Infektionen der Mundhöhle führen.
Umgekehrt begünstigen orale Infektionen auch die Verschlimmerung des Diabetes. So gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen parodontalen Erkrankungen und erhöhten Blutzuckerwerten, weil Parodontitis – wie jeder Entzündungsherd im Körper – die Insulinempfindlichkeit der Zellen und somit den Blutzuckerwert verschlechtert. Zusätzlich erschweren Entzündungen im Körper die Blutzuckereinstellung, wodurch es zu starken Schwankungen der Werte kommen kann. Parodontitis und Diabetes bilden somit einen Teufelskreis: Einerseits fördert eine schlecht eingestellte Diabetes die Parodontitis, andererseits kann die Erkrankung in der Mundhöhle den Glukosewert in die Höhe treiben.

Der Parodontitispatient mit Diabetes

Im Hinblick auf den Diabetes hat das zahnärztliche Team eine doppelte Verantwortung. Einerseits können unerklärliche oder rezidivierende Fälle von Candida-Infektionen und Mundtrockenheit auf eine mögliche unerkannte Diabeteserkrankung hinweisen (weitere Symptome unter anderem: allgemeine Müdigkeit, starker Durst und Harndrang, Infektanfälligkeit etc.). Andererseits kann eine erfolgreiche Parodontitisbehandlung dazu beitragen, die Blutzuckereinstellung deutlich zu verbessern und eine stabile Basis für die Allgemeingesundheit zu schaffen.

Empfehlungen für die Behandlung eines Diabetespatienten

Aus zahnmedizinischer Sicht ist eine Parodontitis auch beim Diabetiker gut therapierbar. Besser ist natürlich eine solche durch Prophylaxemaßnahmen zu verhindern. Um den Zahnhalteapparat gesund zu erhalten, ist eine gewissenhafte Mundhygiene notwendig. Wichtig dabei ist die richtige Putztechnik und das regelmäßige Entfernen von Plaque in den Zahnzwischenräumen (Interdentalbürsten, Zahnseide etc.). Faktoren, die eine Parodontitis begünstigen, sollten – wenn möglich – beseitigt werden. Dazu kann beispielsweise auch eine falsche Belastung der Zähne durch überstehende Kronen- und Füllungsränder gehören. Eine gute Diabeteskontrolle ist aus diabetologischer wie auch aus parodontologischer Sicht ein entscheidender Prognosefaktor. Um während der zahnärztlichen Behandlung eine Hypoglykämie zu vermeiden, sollte der Patient zur üblichen Zeit essen und die verordneten Medikamente einnehmen. Bei längeren, anstrengenden Behandlungen bei insulinpflichtigen Patienten müssen unter Umständen Injektionen/Blutzuckermessungen bzw. Zwischenmahlzeiten eingeplant werden.

Absolutes Tabu sollte das Rauchen sein. Der Patient sollte über die Möglichkeiten der Raucherentwöhnung informiert werden. Informationen dazu erhalten Sie gerne in der prophy Redaktion. Schließlich gilt für Diabetiker wie für Nichtdiabetiker: Da Parodontitis zunächst keine Beschwerden verursacht, bleibt sie für den Laien oft lange unerkannt. Durch frühzeitiges Erkennen der Erkrankung und eine individuell zugeschnittene Therapie kann der Krankheitsprozess zum Stillstand gebracht und der Zustand des Zahnhalteapparates deutlich verbessert werden. Um sicher zu gehen, sollten sich aber gerade Diabetespatienten regelmäßig zur professionellen Zahnreinigung und Kontrolle in der Praxis einfinden.

 

Autorin:
Barbara Bergmann
Prophylaxe-Assistentin in Wien