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Zahnmedizinische Aspekte von Essstörungen

By: | Tags: , , , , , , , , | Comments: 0 | Februar 14th, 2017

Essstörungen sind ein weit verbreitetes Problem in der Bevölkerung und in entwickelten Industrienationen seit Jahren auf dem Vormarsch. Die zahnmedizinischen Aspekte bei Essstörungen, die vor allem bei Bulimie, der Ess-Brech-Sucht, auftreten, sind noch weitgehend unbekannt.

Eine Kooperation des Institutes „sowhat“ für Menschen mit Essstörungen mit der Vorsorgezahnpraxis „Angel Smile“ verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz in der Behandlung von Patientinnen und Patienten. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, neben der psychotherapeutischen Behandlung, die betroffenen Personen rechtzeitig auf die Risiken von Zahnschäden hinzuweisen und sie frühzeitig für eine Zahnbehandlung zu sensibilisieren. DDr. Sabine Wiesinger und Dr. Lisa Tomaschek-Habrina geben heuer erstmals gemeinsam ihr Wissen und ihre praktische Erfahrung in vier Vorträgen weiter. Die Teilnehmer können dabei je drei Fortbildungspunkte erwerben. Unterstützt werden die Veranstaltungen von Colgate-Palmolive, die Teilnahme ist kostenlos (siehe Info rechts).

Wenn Essen zum wichtigsten Thema wird

Essstörungen wie Magersucht, Ess-Brech-Sucht und Esssucht zählen zu den häufigsten psychosomatischen Erkrankungen. Menschen mit einer Essstörung haben eine signifikant erhöhte Mortalität, insbesondere Personen, die an Anorexie leiden.[1] Oftmals ist eine Diät der Einstieg in die Krankheit. Der Übergang von gesundem zu krankhaftem Essverhalten ist oft fließend. Krankhaft wird das Essverhalten dann, wenn Essen zum Zwang wird, sich alle Gedanken nur noch darum drehen und dieses Verhalten nicht mehr kontrollierbar ist. Erste Warnsignale sind z.B. wenn Personen ständig Bemerkungen über Nahrungsmittel machen (gut, schlecht, zu ölig,…) oder akribisch Kalorien zählen. Ausweichmechanismen, wie nicht am Essen teilzunehmen oder auffällig häufiges Bekochen von Freunden und Familie, dabei selbst aber kaum zu essen, sind symptomatisch. Es kann auch sein, dass der Kühlschrank regelrecht leergeräumt und Essensvorräte rasch vernichtet werden.

[1] Arch Gen Psychiatry 2011; 68: 724-731 – Arcelus J et al

Anzeichen für Essstörung: Der Wunsch, sehr dünn zu sein, sich permanent zu dick zu fühlen. Foto: (c) Fotolia, michaelheim

Kontrollverlust und Angst vor dem Dicksein

Ernährung ist ein allgegenwärtiges Thema, um das niemand herum kommt. Für manche wird es jedoch zum Problem. Der Kampf ums Gewicht tritt gesellschaftlich immer mehr in den Vordergrund und wird zunehmend zum alles bestimmenden Thema. Gerade junge Menschen sind anfällig für körperbezogene Moden, Trends und Ausdrucksformen.

Laut der ersten repräsentativen Studie zur Häufigkeit psychischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter in Österreich weisen 30,9 Prozent der Mädchen (Schwankungsbreite: 28,8% – 33%) und 14,6 Prozent der Buben (Schwankungsbreite: 12,9% – 16,3%) zwischen zehn und 18 Jahren ein erhöhtes Risiko für Essstörungen auf. Am häufigsten wurden angegeben: erlebter Kontrollverlust beim Essen, starker Einfluss des Essens im Allgemeinen und sich zu dick zu fühlen, obwohl andere einen für dünn halten. Rund sechs Prozent der 1.976 befragten Mädchen und rund fünf Prozent der 1.634 befragten Buben gaben an, schon einmal absichtlich erbrochen zu haben, weil sie ein unangenehmes Völlegefühl verspürten.[1]

Jedes zweite Mädchen fühlt sich zu dick

Laut HBSC-Studie[2] der WHO 2014 gaben 51 Prozent der österreichischen Mädchen im Alter von 15 Jahren an, sie seien zu dick, obwohl  laut Body-Mass-Index nur 12 Prozent als übergewichtig oder adipös eingestuft wurden. Fast ein Viertel der Befragten hielten zum Zeitpunkt der Befragung Diät.

In Wien wurden 2012 insgesamt 737 Schülerinnen und 592 Schüler mit folgenden Ergebnissen befragt:

  • 1/3 der Schülerinnen und 14,5 Prozent der Schüler hatten starke oder sehr starke Angst vor einer Gewichtszunahme.
  • 3/4 der Schülerinnen und 1/3 der Schüler möchten sehr dünn sein.
  • 31,5 Prozent der Schülerinnen und 17,5 Prozent der Schüler gaben an mindestens einmal in ihrem Leben einen Diätversuch gestartet zu haben.
  • 5 Prozent der Schülerinnen und 3 Prozent der Schüler gaben an, bereits in einer Therapie wegen Essstörungen gewesen zu sein.

Umfassender Behandlungsansatz

Dr. Lisa Tomaschek-Habrina, Expertin für Essstörungen und Leiterin des Instituts „sowhat“: „Essstörungen betreffen oft ganz junge Menschen, meistens Mädchen und junge Frauen, aber immer öfter auch Burschen und junge Männer. Leider vergehen oft viele Jahre bis sich die Betroffenen in Behandlung begeben. Dabei wäre der vollständige Ausbruch von Essstörungen abwendbar, wenn die Betroffenen frühzeitig Hilfe in Anspruch nehmen würden.“

Zahnerosionen durch Säureattacken

An Bulimie erkrankte Personen sind einem erhöhten Risiko von Zahnerosionen ausgesetzt. Durch das häufige Erbrechen sind die Zähne aufgrund der Magensäure oft einem Dauerstress durch die Magensäure ausgesetzt. Leichte Erosionen sind nicht sofort sichtbar, können aber durch eine gezielte Behandlung in Schach gehalten werden. Zum Beispiel durch fachgerechtes Anbringen von remineralisierenden Pflegeprodukten auf einer Zahnschiene. Dadurch können die Wirkstoffe besser auf den Zahnschmelz einwirken und durch das Tragen der Schiene sind die Zähne im Falle eines Erbrechens besser vor der schädlichen Magensäure geschützt (siehe Interview).

DDr. Sabine Wiesinger von Angel Smile: „Auch für die Zähne und die drohenden Erosionen gilt: Je früher die Behandlung beginnt, desto besser die Ergebnisse. Aber neben dem zahnmedizinischen Wissen braucht ein zahnärztliches Behandlungsteam auch ein Grundwissen über Essstörungen und ein gewisses Einfühlungsvermögen für die Patienten.“

 

 

[2] Zeiler, M., Waldherr, K., Philipp, J., Nitsch, M., Dür, W., Karwautz, A & Wagner, G. (2015). Prevalence of Eating Disorder Risk and Associations with Health-related Quality of Life: Results from a Large School-based Population Screening. European Eating Disorders Review, DOI: 10.1002/erv.2368

[3] Ramelow D., Teutsch F., Hofmann F., Felder-Puig R. (2015, Hrsg.). Gesundheit und Gesundheitsverhalten von österreichischen Schülern und Schülerinnen. Ergebnisse des WHO-HBSC-Survey 2014. Wien: Bundesministerium für Gesundheit, Sektion III.

 

Foto (c) Fotolia, Andrej Popov

Der Begriff Bulimie stammt aus dem Griechischen boulimía und heißt wörtlich übersetzt „der Ochsenhunger“. Bei der Ess-Brech-Sucht oder Bulimia nervosa kommt es zu wiederholten Episoden von (meist) heimlichen Heißhungeranfällen mit impulsivem und raschem Verzehr großer Nahrungsmengen. Dies geht einher mit einem Gefühl des Kontrollverlusts über das Essverhalten. Durch selbst herbeigeführtes Erbrechen, wiederholtes Fasten, Missbrauch von Appetitzüglern oder Abführmitteln wird versucht, einem gefürchteten Gewichtsanstieg entgegenzuwirken. Foto (c) Fotolia, Andrej Popov

Vortrags-Termine

Jeweils Donnerstag von 18-20 Uhr

16.3.2017 und 12.10.2017: Wien, sowhat Institut, Gerstnerstraße 3, 1150 Wien
27.4.2017 und 9.11.2017: St. Pölten, sowhat Institut, Grenzgasse 12, 3100 St. Pölten

Kosten: die Teilnahme ist kostenlos

Fortbildungspunkte: jeweils 3

Anmeldung unter: info@sowhat.at

Vortragende:

DDr. Sabine Wiesinger – Leitung der Vorsorgezahnordination „Angel Smile“, Spezialisierung auf prophylaktische Mundhygiene, u.a. zahnmedizinische Prophylaxe und Behandlungen bei Essstörungen. www.angelsmile.at

Dr. Lisa Tomaschek-Habrina – Leitung von sowhat – Institut für Menschen mit Essstörung. www.sowhat.at

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Dr. Lisa Tomaschek-Habrina – Leitung von sowhat – Institut für Menschen mit Essstörung. Foto (c) privat

DDr. Sabine Wiesinger – Leiterin der Vorsorgezahnordination „Angel Smile“. Foto (c) privat

DDr. Sabine Wiesinger – Leiterin der Vorsorgezahnordination „Angel Smile“. Foto (c) privat