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Beatrix Kastrun: Schwierige Patienten gibt es nicht ... Foto: Starmayr

Patientenkommunikation: „Schwierige Patienten gibt es nicht …“

By: | Tags: , , , | Comments: 0 | Februar 20th, 2019

Wenn Patienten sehr fordernd auftreten, sich dauernd beschweren, glauben, alles besser zu wissen oder nicht bereit sind, mitzuarbeiten, stufen wir sie als „schwierig“ ein. Wie es gelingen kann, solche Begegnungen souverän zu meistern, erklärt die Kommunikationsexpertin Beatrix Kastrun im Gepräch mit prophy.

Frau Kastrun, in der Zahnarztpraxis haben wir alle hin und wieder mit Patienten zu tun, die wir als „schwierig“ einstufen …

Kastrun: … was heißt „schwierig“? Da halte ich es mit der Ordensschwester, die einmal sagte: „Schwierige Patienten gibt es nicht – es gehören immer zwei dazu.“ An der Kommunikation sind ja immer mehrere Menschen beteiligt und was beim Kommunikationspartner ankommt ist nicht unbedingt das, was beabsichtigt ist. Da spielt ganz viel hinein: Die jeweilige persönliche Befindlichkeit, die Tatsache, dass Botschaften subjektiv wahrgenommen und interpretiert werden …

Dennoch werden aggressives Sprachverhalten, Streitsucht, eine mangelnde Bereitschaft, Regeln oder Verhaltensmaßnahmen zu befolgen, übertriebene Forderungen oder übertriebenes Klagen und Jammern meist als „schwierig“ oder weniger wertend ausgedrückt als „herausfordernd“ empfunden. Was kann ich tun, um bei einem solchen Verhalten möglichst professionell und freundlich zu bleiben und es nicht persönlich zu nehmen?

Machen Sie sich bewusst, dass Sie dem oder der Betroffenen im Hier und Jetzt begegnen. Dass er oder sie aus der Vergangenheit kommt und in die Zukunft geht … das Erlebte oder das zu Erwartende beeinflusst uns und hat nichts mit der aktuellen Situation zu tun. Manche auf den ersten Blick seltsame Verhaltensweise wird verständlich, wenn wir die Hintergründe kennen: Vielleicht ist der Patient unter Zeitdruck, vielleicht ist die Finanzierung der Behandlung für ihn nicht geklärt, vielleicht hat er Angst, weil die Situation für ihn neu ist …

Was können wir in der Begegnung mit Patienten grundsätzlich beachten, damit die Kommunikation klappt?

Kastrun: Ganz grundsätzlich geht es um eine wertschätzende, empathische Haltung. Patienten brauchen Zuwendung, Fürsorglichkeit und Mitgefühl.

Wie kann es gelingen, diese Haltung zu vermitteln?

Kastrun: Sehr wichtig ist das aktive Zuhören: Vermitteln Sie Ihren Patienten, dass Sie sie verstehen: Wiederholen Sie die Aussagen mit eigenen Worten. Sprechen Sie Ihre Eindrücke laut aus: „Sie wirken ängstlich auf mich … sehe ich das richtig?“ „Ich habe den Eindruck, dass…“. So beugen Sie Missverständnissen vor und vermitteln Interesse, Empathie und Wertschätzung.

Gibt es ein „Rezept“, wie wir Beschwerden begegnen können?

Kastrun: Lassen Sie ihr Gegenüber ausreden, hören Sie sich die Beschwerde bis zum Schluss ohne Unterbrechung an. Gegenvorwürfe führen zu nichts, auch die Schuldfrage bewirkt keine Lösung! Konzentrieren Sie sich auf die Lösung des Problems.

Das fällt schwer, wenn ich mit ungerechten Vorwürfen konfrontiert werde …

Kastrun: Machen Sie sich klar, dass Sie meist keine Schuld am Auslöser der Beschwerde haben – auch wenn Ihr Gegenüber das zunächst vielleicht behauptet. Das Wichtigste ist, zu einer positiven Lösung zu kommen. Da bewährt sich die so genannte EVA3-Methode…

 Wie funktioniert diese Methode?

EVA3 steht für Entschuldigen, Verständnis zeigen, Analysieren, Auflösen und Abschluss: Formulieren Sie eine ehrlich gemeinte Entschuldigung – Sie zeigen damit, dass Sie die Beschwerde ernst nehmen. Wichtig: Ruhig bleiben, auch wenn’s schwerfällt. Wenn Sie Verständnis zeigen, schaffen Sie Vertrauen: Greifen Sie die Formulierungen Ihres Gegenübers auf: „Das heißt also, dass …“. Sagen Sie, dass Sie verstehen, warum der Patient zornig, ärgerlich, enttäuscht … ist. Wichtig: Ruhig bleiben! Sie sind nicht persönlich gemeint!

Beim Analysieren geht’s dann darum, nachzufragen, was genau passiert ist …

… genau! Vermeiden Sie es aber, misstrauisch zu wirken – sagen Sie, dass Ihre Frage der Lösungsfindung dienen.

Es heißt ja, man soll in Lösungen denken, nicht in Problemen …

… deshalb ist es wichtig, Drohungen und Vorwürfe zu vermeiden. Machen Sie Pausen, um zu überprüfen, wie ihre Vorschläge wirken. Und versichern Sie zum Abschluss, dass sie alles tun werden, was in Ihrer Macht steht.

Was kann ich tun, wenn das alles zu keiner Lösung führt?

Dann sprechen Sie es aus – aber als Ich-Botschaft: „Ich bin jetzt verärgert, enttäuscht…“, „Ich habe Ihnen vorgeschlagen…“, „Ich habe mich bemüht…“ Wenn nichts hilft, beenden Sie das Gespräch: „Ich werde das Gespräch jetzt beenden, weil ich keine Möglichkeiten mehr erkenne.“

Beatrix Kastrun: Schwierige Patienten gibt es nicht ... Foto: Starmayr

Mag. Beatrix Kastrun begleitet als Trainerin, Coach und Mediatorin Menschen auf ihrem Weg der Weiterentwicklung. Sie bietet unter anderem Seminare zu Kommunikationsthemen (Umgang mit schwierigen Zeitgenossen, Beschwerdemanagement, Körpersprache …), Spezialthemen für den Gesundheitsbereich (Problemlösung auf Rezept, Humor im Umgang mit Patienten.)…), Führungs- und Teamentwicklungsthemen an. Mehr Info: www.kastrun.com

Foto © www.starmayr.com

Do’s:

  • Patienten direkt mit Namen ansprechen!
  • Blickkontakt!
  • Patienten ausreden lassen!
  • Verständnisfragen stellen! („Sie meinen also, dass…“)
  • Ich-Botschaften formulieren!
  • Wertungen vermeiden!
  • Fachausdrücke ohne Erklärung vermeiden!
  • Positiv formulieren! (Gerne, selbstverständlich, natürlich, das freut mich, es wäre schön, …)
  • Positive Verständnisformeln verwenden! („Ich kann mich gut in ihre Lage versetzen…“, „Danke für den Hinweis…“, „Die Situation ist schwierig, aber wir geben uns große Mühe“…)

Don’ts:

  • Befehlen, kommandieren („Sie müssen…“)
  • Warnen, drohen (Wenn Sie nicht…, dann…“)
  • Moralisieren, predigen („Das tut man nicht…“)
  • Kritisieren, widersprechen, beschuldigen („Sie sind auf dem falschen Weg…“)
  • Vorhalten, belehren („Das weiß doch jeder, dass…“)
  • Beschimpfen, lächerlich machen („Sie reden, als hörten Sie zum ersten Mal davon…“)
  • Bemitleiden, bagatellisieren („Sie Armes, aber es ist ja nicht so schlimm…“)
  • Verhören, bohrend nachfragen („Was haben Sie getan, um eine Lösung zu finden …“)
  • Leere Floskeln verwenden („Die Zeit heilt alle Wunden!“)
  • Negativformulierungen („Das ist kein Problem!“, „Sie müssen …“)