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Eigenverantwortung will gelernt sein

By: | Tags: , , , , , , | Comments: 0 | Juli 10th, 2015

In der täglichen Praxis stellt sich immer wieder die Frage, wo die Eigenverantwortung des Patienten endet und das Eingreifen der Prophylaxe-Assistentin gefragt ist. Ganz klar ist, dass der Patient aktiv zur Erhaltung seiner Mundgesundheit beiträgt und diese Eigenverantwortlichkeit gefördert werden kann. Gerade weil jeder Patient einzigartig ist, kann es der zwischenmenschlichen und professionellen Kommunikation durchaus zuträglich sein, in die sinnesspezifische Welt des Gesprächspartners einzutauchen, um tieferes Verständnis und Verstandenwerden zu erlangen.

Dieses Verständnis und Verstandenwerden ist besonders wichtig, wenn dem Patienten die Bedeutung seiner Eigenverantwortung nahegelegt wird. Im Gespräch über die Regeln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Mundgesundheit sollte das Gesagte idealerweise auch beim Patienten ankommen und, noch wichtiger, zuhause umgesetzt werden.

Ein hilfreicher Ansatz kann hier das Neurolinguistische Programmieren (kurz: NLP) sein. NLP wurde Anfang der 70er Jahre entwickelt und versteht sich als eine Methode, mit der man seine Kommunikation verbessern und sich persönlich weiter entwickeln kann. Im NLP geht man davon aus, dass jeder Mensch ein ganz eigenes, individuelles Repräsentationssystem hat. Damit gemeint ist die Art und Weise, wie Menschen Informationen in einem oder mehreren der fünf Sinneskanäle verschlüsseln: visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch oder gustatorisch (VAKOG-System). Konkret bedeutet das, dass wir für einen oder mehrere Sinneskanäle empfänglicher sind.

Die Buchstaben in der nachfolgenden Tabelle stehen in dem VAKOG System für verschiedene Sinneskanäle. Bevorzugte Sinneskanäle des Gegenübers können durch Beobachten der verbalen und nonverbalen Signale identifiziert und gezielt genutzt werden, um mit dem Patienten in Rapport zu gehen. Rapport ist Französisch für Beziehung, Verbindung und bedeutet, mit dem Gegenüber auf einer Wellenlänge zu sein.

Um die bevorzugten Sinneskanäle zu erkennen gilt es, den Patienten gut zu beobachten – wie verhält er sich in der Ordination? Spricht er selbst sehr viel, berührt er gerne die Instrumente und Hilfsmittel? Oder beobachtet er aufmerksam alle Abläufe und Vorgänge? Viele Menschen sind Mischtypen und sprechen auf verschiedene Sinneskanäle an.

Also hören Sie zu und probieren Sie es aus! In der unten stehenden Tabelle haben wir einige Tipps, wie Sie Ihren Patienten am besten „greifen“ können.

prophy_tabelle_eigenverantwortung

Am besten ist es, wenn Sie Ihren Patienten eine Mischung aus all den genannten Methoden anbieten. Dabei legen Sie am besten den Schwerpunkt auf jene Sinnesebene, auf der Ihr Patient seinen Schwerpunkt hat.

Sollten Ihre aufmerksamen Beobachtungen kein eindeutiges Ergebnis liefern, bleibt Ihnen immer noch die Möglichkeit, den Patienten direkt nach der gewünschten Form der Inhaltsvermittlung zu fragen.

Die richtige Art, mit dem Patienten zu kommunizieren, wird letztendlich darüber entscheiden, ob er die Information annimmt und umsetzt oder mit dem Verlassen Ihrer Praxis gleich wieder vergisst.

Menschen sind ängstliche Gewohnheitstiere

Vermittelt und verstanden heißt aber noch nicht, dass Ihr Patient das alles auch wirklich in die Praxis umsetzen wird. Selbst wenn Sie die Informationen zur Zahnhygiene auf allen Sinneskanälen kommuniziert haben, der Patient alles verstanden hat und hoch motiviert nach Hause geht, um auf dem Weg alle besprochenen Zahnpflegeartikel zu kaufen, muss das noch nicht heißen,­ dass die neuen Pflegeschritte zu seinem täglichen Ritual werden. Sein Gehirn kann nämlich den besten Vorsätzen einen Strich durch die Rechnung machen. Dahinter steckt, dass das Gehirn immer bestrebt ist, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Jede Änderung oder zusätzliche Aktivität bedeutet für das Gehirn nämlich eine Umstrukturierung bereits vorhandener neuronaler Netzwerke, und die ist immer mit einem Mehraufwand an Energie verbunden.

Zudem ist das menschliche Gehirn der Meinung, dass bisher alles bestens funktioniert hat und neigt daher anfänglich dazu, Veränderungen zu „boykottieren“.

Auf der anderen Seite sind auch die ureigene Faulheit und die Angst des Menschen vor Veränderung dafür verantwortlich, dass – zu Hause angekommen – die alten Zahnpflegegewohnheiten dann doch wieder beibehalten werden.

Veränderungen passieren nicht von heute auf morgen

bild3_eigenverantwortung_01

Es ist daher empfehlenswert, die Praktiken der häuslichen Mundhygiene bei jeder Sitzung neuerlich zu kommunizieren, und zwar so lange, bis Sie den Eindruck haben, dass sie auch tatsächlich umgesetzt werden und sich der entsprechende Erfolg der Prophylaxemaßnahmen eingestellt hat. Denn erst durch regelmäßiges Anwenden der neuen Techniken können sich die Verknüpfungen im Gehirn neu strukturieren und die Veränderungen automatisiert werden. Meist sind erst nach drei Wochen erste Erfolge sichtbar. Es benötigt aber oft sieben bis zwölf Wochen regelmäßigen Inputs, neue neuronale Verbindungen zu erstellen und die neu erlernten Handlungen zur Gewohnheit werden zu lassen. Jeder Rückfall in alte Muster reaktiviert die alten Verknüpfungen und ignoriert die neuen. Es ist wichtig, dies auch Ihren Patienten zu vermitteln. Die ersten Wochen ist es ratsam, besonders genau und regelmäßig das neue Wissen anzuwenden. Nur so kann aus einer alten ungünstigen eine neue günstige Gewohnheit werden.

Die vielfältige und individuelle Information des Patienten liegt in Ihrem Verantwortungsbereich. Wenn das gut funktioniert, ist es gar nicht schwierig, die Eigenverantwortung der Prophylaxe-Patienten erfolgreich zu stärken.

<aside>Quellen: Psychologie in der Zahnheilkunde, Dipl.-Psych. Dr. Lea Höfel; i-med Akademie, Forum GesundheitsMedien GmbH; 2011

Landsiedel NLP Training. Erreichbar unter: www.landsiedel-seminare.de/nlp-bibliothek/ (letzter Zugriff: 12.08.2015)</aside>