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Aminfluorid: leicht sauer ist besser!

By: | Tags: , , , , | Comments: 0 | April 9th, 2013

Die zunehmende Verwendung fluoridierter Zahnpflegeprodukte ab den 1960er Jahren hat zu einer sukzessiven und überzeugenden Abnahme der Karieshäufigkeit geführt (siehe Abb. 1). Dieser augenscheinliche Zusammenhang sowie zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen mündeten in die Empfehlung sämtlicher zahnärztlichen Fachgesellschaften, dass die Verwendung von Fluoriden für eine effektive Kariesprophylaxe von wesentlicher Bedeutung ist. Neben der konsequenten mechanischen Plaqueentfernung als wichtigster Basismaßnahme, versteht sich.

Wie sieht man heute den Wirkmechanismus von Fluoriden?

Lange Zeit glaubte man, dass das Fluorid-Ion in den Zahnschmelz eingelagert wird und so zu einer Härtung des Schmelzes beiträgt. Durch elektronenoptische Untersuchungen weiß man es heute besser: Fluoride werden – wenn überhaupt – nur in die obersten Schmelzschichten eingelagert. Die viel bedeutendere Reaktion von Fluoriden besteht darin, zusammen mit Kalzium auf der Schmelzoberfläche eine Deckschicht auszubilden, die inzwischen viel zitierte Kalziumfluorid-Deckschicht. Die “Qualität” dieser Deckschicht hängt ganz wesentlich davon ab, wie viel Kalzium während der Ausbildung der Deckschicht verfügbar ist (natürlich spielt auch die Fluorid-Konzentration eine Rolle). Und hier kommt nun der Charakter der Fluoridverbindung in Zahnpasten und Zahnspülungen zum Tragen.

Gibt es eine “bessere” Fluoridverbindung?

Fluoride kann man nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen. Eine der Möglichkeiten ist die Unterscheidung nach dem pH-Wert. Natriumfluorid und Natriummonofluorphosphat haben “neutralen” pH- Charakter, also einen pH-Wert um 7. Aminfluorid – beispielsweise in der elmex Kariesschutz-Zahnpasta enthalten – weist im Gegensatz dazu einen “sauren” Charakter mit einem pH-Wert von ca. 5,5 auf. Und genau dieser “saure” Charakter macht den Unterschied! Beim Aufbringen der Zahnpaste auf den Zahnschmelz wird durch den Säurecharakter über einen Zeitraum von ein paar Sekunden Kalzium aus den obersten Schmelzbereichen mobilisiert und für die Bildung der Kalziumfluoriddeckschicht verfügbar gemacht. Durch die Vermischung mit Speichel verliert sich der saure Charakter der Zahnpaste (oder auch der Zahnspülung) innerhalb weniger Sekunden. Diese kurzdauernde Kalziummobilisierung durch Aminfluorid lässt mehr Kalziumfluorid auf dem Schmelz entstehen als unter dem pH-neutralen Natriumfluorid! Diese Unterschiede konnten in einer in-situ-Studie (Klimek et al. 1998) überzeugend bestätigt werden: nach 4-wöchiger Anwendung zeigte sich für die aminfluoridhaltige Zahnpaste eine deutlich höhere Bildung von CaF2 auf dem Schmelz als unter der natriumfluoridhaltigen.

Kalziumfluorid ist das wichtigste und wahrscheinlich auch das einzige Reaktionsprodukt auf der Zahnhartsubstanz nach der Anwendung von fluoridierten Zahnpflegeprodukten. Durch mechanische Abnutzung und insbesondere durch langsame Diffusion in die Umgebung des Zahnes (Speichel ist in Bezug auf Kalziumfluorid untersättigt!) bleibt diese Deckschicht nicht dauerhaft bestehen. Der größte Teil geht in den ersten Stunden bis wenigen Tagen verloren.
Die regelmäßige Anwendung fluoridierter Zahnpflegeprodukte ist somit Voraussetzung dafür, dass über einen möglichst langen Zeitraum eine schützende Deckschicht aus Kalziumfluorid verfügbar ist.

Literatur
Lussi A et al. (2012) Fluoride – Wirkungsmechanismus und Empfehlungen für deren Gebrauch. Oralprophylaxe Kinderzahnheilkunde 2:72-80
Klimek J et al. (1998) Fluoridaufnahme im Zahnschmelz nach Anwendung von NaF- und AmF-Zahnpasten: eine in-situ-Studie. Oralprophylaxe 20:192-196

Autor:

Dr. med. Reinhold Unterwurzacher
MedWiss Zahngesundheit
Gebro Pharma GmbH, Fieberbrunn

Titelbild: CaF2-Deckschicht mit Aminfluorid